Vernetzung von Patientendaten soll Therapien verbessern

24.10.2018 -  

Mit digitalisierten und vernetzten Patientendaten Diagnosen und Therapien verbessern – an diesem Ziel der Anfang 2018 gestarteten Medizininformatik-Initiative des Bundes arbeitet auch die Universitätsmedizin in Sachsen-Anhalt kräftig mit. Deutschlandweit fördert der Bund vier Netzwerke aus gut 20 Universitätsklinika bis 2021 mit insgesamt rund 150 Millionen Euro. Die Uniklinik Halle ist dabei Teil des Konsortiums SMITH (Smart Medical Information Technology for Healthcare); die Magdeburger Mediziner arbeiten im Konsortium MIRACUM (Medical Informatics in Research and Care in University Medicine) mit.

Vertreter beider Standorte haben am 23. Oktober 2018 mit Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff und Wissenschaftsminister Prof. Dr. Armin Willingmann über Fortschritte, Herausforderungen und Perspektiven der Medizininformatik-Initiative gesprochen. Eine zentrale Rolle spielten dabei vor allem der Datenschutz sowie Chancen und Risiken, die sich in Bezug auf die Digitale Agenda für das Land ergeben.

„Fortschritte in der Medizin entstehen vor allem durch den Austausch von Erfahrungen und Forschungsergebnissen. Dieser Austausch wird durch die Nutzung moderner Medizininformatik zum Wohle der Patienten beschleunigt. Die Aufnahme der zwei Unikliniken Halle und Magdeburg in die Medizininformatik-Initiative zeugt nicht nur von ihrer Leistungsfähigkeit, sie wird auch zu deren weiterer Profilierung beitragen“, betonte Haseloff.

Willingmann: „Unsere Uniklinika in Halle und Magdeburg stehen für Lehre und Forschung auf Top-Niveau sowie für absolute Spitzenmedizin. Die Aufnahme in die Medizininformatik-Initiative des Bundes bestätigt dies und ist für den Wissenschaftsstandort Sachsen-Anhalt ein großer Erfolg. Von der Vernetzung und Digitalisierung der Daten werden beide Uniklinika im Land und vor allem auch deren Patienten nachhaltig profitieren.“

„Entscheidend ist, dass alle Konsortien mit ihren jeweiligen Schwerpunkten unter dem nationalen Dach der Medizininformatik-Initiative gemeinsam in dieselbe Richtung arbeiten: Der bundesweit vernetzten Forschung für eine bessere Krankenversorgung. Dieses Ziel muss vor allem den Patienten und der Öffentlichkeit vermittelt werden“, betonen Marcus Geppert und Dr. Matthias Nüchter, Sprecher der Arbeitsgruppe Kommunikation für die Konsortien MIRACUM und SMITH.

Hintergrund:

Im Bereich der Universitätsmedizin werden täglich Millionen Daten gesammelt. Eine echte Vernetzung zwischen verschiedenen Kliniken findet bislang aber kaum statt. Um dies zu ändern, hat der Bund Anfang 2018 die Medizininformatik-Initiative gestartet. Vier deutschlandweit geförderte Konsortien entwickeln eigenständige Lösungen, vernetzen sich aber auch untereinander. Dafür soll an jeder beteiligten Universitätsklinik Datenintegrationszentren entstehen. Anhand von Anwendungsfällen („Use Cases“) soll die Wirkungsweise und Effizienz der verschiedenen Lösungen gezeigt werden und so zum bestmöglichen Ergebnis führen. Ein Teil der Konsortien beschäftigt sich hierbei explizit mit der Krebstherapie und der individualisierten Medizin.

Details zu SMITH und MIRACUM

SMITH und Standort Halle

Im Konsortium Smart Medical Information Technology for Healthcare (SMITH) haben sich die Universitätskliniken Aachen, Bonn, Düsseldorf, Essen, Halle, Hamburg, Jena, Leipzig und Rostock zusammengeschlossen, um die Behandlung der Patienten direkt vor Ort im Rahmen der Medizininformatikinitiative noch besser zu gestalten. In enger Kooperation mit mehreren Universitäten, Forschungseinrichtungen und Firmen wird eine Architektur für die interoperable Nutzung von Daten aus der Krankenversorgung und der patientenorientierten Forschung über die Grenzen von Institutionen und Standorten aufgebaut. Das Konsortium SMITH wird von 2018 bis 2021 mit einem Gesamtfördervolumen von 43,1 Mio. Euro vom BMBF gefördert.

Am Standort Halle wird das Projekt geleitet durch den Dekan der Medizinischen Fakultät, Prof. Dr. Michael Gekle, den Ärztlichen Direktor, Prof. Dr. Thomas Moesta, Prof. Dr. Rafael Mikolajczyk und Frank Dietz. Dr. Daniel Tiller ist für die Projektkoordination verantwortlich. Dekan Prof. Gekle erklärt: „Forschung hilft uns, Krankheiten besser zu verstehen und zu therapieren. Dafür ist es wichtig, Informationen zu vernetzen. Vernetzung verbessert Diagnose und Therapie. Vernetzt werden Forschung und Versorgung, Standorte der Unikliniken deutschlandweit, Informationen, Daten, Disziplinen und Zeiträume“. Am Beispiel von drei Anwendungsfällen (Use Cases) soll im Konsortium schnell eine Verbesserung der Patientenversorgung sichtbar gemacht und perspektivisch über einen Marketplace die Nutzung der Ergebnisse durch weitere Vernetzungspartner ermöglicht werden.

Der Use Case HELP, an dem die hallesche Universitätsmedizin beteiligt ist, entwickelt ein „krankenhausweites computergestütztes Entscheidungsunterstützungssystem zur Verbesserung der Ergebnisse von Patienten mit Blutstrominfektionen". Das Universitätsklinikum Jena ist für die Umsetzung des vorgenannten Use Cases verantwortlich und setzt den Fokus dieser klinischen Studie auf das Thema „Antibiotic Stewardship“ in der Infektionsmedizin. Dabei geht es um den zielgerichteten, leitliniengerechten Einsatz von Antibiotika zur Bekämpfung bakterieller Infektionen – insbesondere vor dem Hintergrund einer zu geringen Zahl an ausgebildeten Infektiologen in Deutschland. Der Use Case soll auf Normal- und Intensivstationen an den SMITH-Standorten Jena, Leipzig und Aachen sowie Halle und Essen implementiert und evaluiert werden. Ziel ist eine Optimierung des Einsatzes infektiologischer Konzile mit Hilfe eines zu entwickelnden „Computerized Decision Support Systems“, um u. a. Antibiotika bei Patienten mit bakteriellen Infektionen zielgerichteter einzusetzen. Neben einer direkten Verbesserung der Patientenversorgung wird damit auch indirekt zur Vermeidung von Multiresistenzen beigetragen.

Das Konsortium „Smart Medical Information Technology for Healthcare (SMITH)“ wird mit Mitteln des Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unter dem Förderkennzeichen 01ZZ1803A-N gefördert.

Konsortium MIRACUM:

Im Konsortium Medical Informatics in Research and Care in University Medicine (MIRACUM) haben sich derzeit 10 Universitätskliniken, zwei Hochschulen und ein Industriepartner aus sieben Bundesländern vereint. Zum MIRACUM-Konsortium gehören derzeit die Medizinischen Fakultäten/Universitätsklinika Dresden, Erlangen, Frankfurt, Freiburg, Gießen, Greifswald, Magdeburg, Mainz, Mannheim und Marburg, die Hochschule Mannheim, die Technische Hochschule Mittelhessen und Averbis GmbH als Industriepartner. Weitere Standorte befinden sich in der Aufnahmephase. Ziel ist es, die wachsenden Datenmengen – von einfachen Arztbriefen über radiologische Bilder bis hin zu molekularen Analysen – bundesweit zu verknüpfen, um daraus neues Wissen für eine bessere Gesundheitsforschung und Versorgung zu gewinnen. Das MIRACUM-Konsortium wird vom BMBF mit einem Gesamtvolumen von 37,85 Mio. € gefördert.

Am Standort Magdeburg wird das Projekt geleitet durch die Kaufmännische Direktorin Dr. Kerstin Stachel, den Dekan der Medizinischen Fakultät Prof. Dr. Hermann-Josef Rothkötter, den Ärztlichen Direktor Dr. Jan L. Hülsemann, den Direktor des Instituts für Biometrie und Medizinische Informatik Prof. Dr. Dr. Johannes Bernarding und Herrn Dr. Tim Herrmann (verantwortlicher Projektkoordinator). Des Weiteren übernimmt Prof. Bernarding zusammen mit dem stellv. Leiter des Medizinischen Rechenzentrums Dr. Harald Hofmann die Leitung des Magdeburger Datenintegrationszentrums.

Das MIRACUM-Konsortiums wird die derzeit sehr unterschiedlichen Dateninseln aus Krankenversorgung und Forschung an den verschiedenen Standorten in Datenintegrationszentren zusammenzuführen, um die Daten für Forschungsprojekte und Therapieplanung zur Verfügung zu stellen. Am Standort Magdeburg dient der Use Case „From Knowledge to Action – Unterstützung Molekularer Tumorboards“ der gezielten und zukunftsweisenden Immuntherapie von Tumoren - eine Therapieform, die in diesem Jahr mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet wurde.

In einem weiteren Use Case („Alerting in Care – IT-gestützte Rekrutierungsplattformen“) wird das MIRACUM-Konsortium durch eine IT-unterstützte Kohortenbildung die Patientenrekrutierung für medizinische Studien verbessern. Bisher scheitern klinische Studien leider häufig an der zu geringen Anzahl an Studienteilnehmern.

Ein weiterer Schwerpunkt für das MIRACUM-Konsortium ist die Behandlung von Hirntumoren, von Asthma und der Chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) innerhalb des dritten Use Cases („From Data to Knowledge – stratifizierte Subgruppen für die Entwicklung von Prädiktionsmodellen“). Für verschiedene Patientengruppen sollen hier Informationen, zusammengeführt werden. Die daraus abgeleiteten Vorhersagen sollen in den Klinikalltag zurückgespielt werden und Ärzte in ihren diagnostischen und therapeutischen Entscheidungen unterstützen.

Die hohe Bedeutung des Datenschutzes wird durch den Leitsatz des MIRACUM-Konsortiums unterstrichen: Die Patientendaten verlassen nie den jeweiligen Standort, sondern werden vor Ort in den zukunftsweisenden Datenintegrationszentren ausgewertet. Somit ist jeder MIRACUM-Standort mit seiner Informationstechnologischen Sicherheit und Datenschutzregularien weiterhin für die Daten aus dem eigenen Bereich verantwortlich. Grundlage für MIRACUM sind neben Investitionen aus dem Konsortium auch die Einführung digitaler Akten und die digitale Befundübermittlung in den Universitätsklinika, die neue moderne Datentechnik in den Kliniken erfordern.

Prof. Dr. Rothkötter, Dekan der Medizinischen Fakultät betont, dass die die Magdeburger Erfahrungen in der medizinischen Bildverarbeitung und mit Forschungsdatenbanken für Bildmaterialien wesentlich zum Erfolg von MIRACUM beitragen können.

Quelle: Staatskanzlei - Pressemitteilung Nr.: 573/2018

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