Uro-Onkologisches Symposium

05.02.2020 -  

Im Januar 2020 fand in den Messehallen des Magdeburger Kongresszentrums das 8. Uro-Onkologische Symposium statt. Rund 500 Teilnehmer aus ganz Deutschland nahmen an dem größten, nicht von einer Fachgesellschaft getragenen Kongress in Deutschland teil. Der wachsende Erfolg dieses Kongresses beruhe darauf, dass Magdeburg es schafft jedes Jahr den besten Redner für jedes Thema nach Magdeburg zu holen. Eine Redezeit von 3 bis 7 Minuten ermögliche, dass in einer hohen Schlagfolge sehr viele Redner hintereinander vortragen. Somit könne das gesamte Gebiet der urologischen Krebswissenschaft in 1,5 Tagen in dieser Weise erlebt und kontrovers diskutiert werden, so Prof. Martin Schostak, der wissenschaftliche Leiter dieses nationalen Symposiums. Bei 70 % überregionalen Teilnehmern sei dies auch für die Stadt Magdeburg ein zusätzlicher Gewinn.

Prof. SchostakEin weiterer wichtiger Aspekt des Symposiums bestand auch darin durch Workshops junge Ärzte an die urologische Krebswissenschaft und an die Spitzenmedizin heranzuführen und darüber hinaus auch zu zeigen warum es sich lohnt nach Magdeburg zu kommen.

Ein mit Spannung erwartetes Highlight des Symposiums war die Diskussion unter dem Titel: „Risiko Gelegenheitschirurgie – Behandlungen nur in zertifizierten Zentren?“ Zu dieser gesundheitspolitischen Diskussion wurden hochkarätige Gäste eingeladen, die unter der Moderation des MDR Redakteurs Stefan Bernstein Ihre Positionen vertraten. An der Diskussion nahmen Ralf Dralle, AOK Sachsen-Anhalt, Prof. Dr. Jürgen Weitz, Uniklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Dr. Stefan Machtens, Ärztlicher Direktor Marien-Krankenhaus Bergisch Gladbach und Prof. Dr. Udo Rebmann, Landesärztekammer Sachsen-Anhalt, teil.

Prof. Thomas Mansky, von der TU Berlin für das Fachgebiet Strukturentwicklung und Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen stellte aktuelle Forschungsergebnisse über Strukturen und Qualität im Gesundheitswesen vor. Er hat unter Anderem untersucht, ob es einen Zusammenhang zwischen der Größe der Fallzahlen im Krankenhaus und der Sterblichkeit lag.

Einer der zentralen Befunde u.a. war die Untersuchung von 23.000 Speiseröhreneingriffen mit der Erkenntnis, dass die Sterblichkeit in einem Krankenhaus mit hoher Fallzahl viel geringer ausfällt als in einem Krankenhaus mit geringer Fallzahl. 

Prof. Weitz berichtete, dass jedes Jahr in Deutschland mehrere Hundert Patienten sterben, die nicht sterben müssten. Die Komplikationsrate sowohl in Kliniken mit hoher Fallzahl als auch mit niedriger Fallzahl sei etwa die selbe. Der Erfolg der Behandlung liege jedoch an der unterschiedlichen und besseren Behandlung der Komplikationen. Er war der Meinung, dass nicht alle Krankenhäuser geschlossen werden sollten, sondern es ginge darum komplexe onkologische Chirurgie, komplexe Gefäßchirurgie und andere komplexe Behandlungen zu zentralisieren um die bestmögliche Behandlung anbieten zu können. „Eine bessere Versorgung mit weniger Kliniken in Deutschland geht.“ (Zitat aus der Bertelsmann Studie) findet zurzeit im Raum Bergisch Gladbach seine Umsetzung. Die Studie schlägt für Bergisch Gladbach eine Fusion von Krankenhäusern vor. Dafür wurde eine Modellkalkulation für einen Ballungsraus gemacht, wo man die Kapazität und die Verfügbarkeit vom Krankenhausbetten und Institutionen auf den Bedarf hochgerechnet hat. Nach einer aufwändigen Analyse kam man zu dem Schluss, dass 8 Kliniken entbehrlich sind. Nun sollen u.a. 3 Krankhausstandorte zu einem Zentrum fusioniert werden und die Versorgung aufrechterhalten. „Alles sehr schwer vorstellbar beim Abbau von 30 Prozent der Bettenkapazität, weiterhin ordentliche Versorgung machen zu können“, so Dr. Machtens und er betonte, dass für diese die entsprechenden Strukturen geschaffen werden und auch finanziert werden müssen. Zumindest gäbe von medizinischer Seite eine große Bereitschaft an so einer konstruktiven Lösung mitzuarbeiten. Er vermute, dass in seiner Region in absehbarer Zeit eine Nagelprobe für die etwa 600 zu schließenden Krankenstandorte in Deutschland stattfinden wird. Aus diesen Erfahrungen werden viele Standorte schöpfen, so Machtens.

Für weniger Häuser und dafür größere Zentren wollte Prof. Rebmann nicht plädieren, denn es gäbe neben Ballungszentren auch Flächenländer, wo die Grundversorgung durch vorhandene Krankenhäuser und einer neu definierten Grundversorgung gewährleistet werden müsse und diese auch erreichbar sein müssen.

Eindrücke aus dem KongresssaalProf. Mansky dagegen betonte nochmal, dass es um Qualitätsbesserung und Strukturierung ginge und nicht unbedingt um das Thema Betten Abbau. Er sagte:

„Wir machen Medizin des 21 Jahrhunderts, die meisten der heutigen Krankenhäuser entstanden im frühen 20 Jahrhundert. Keiner würde die Krankenhauslandschaften, wenn die neu gebaut werden sollten so bauen wie jetzt. Es geht generell um Strukturprobleme, vor dem wir stehen und diskutieren müssen.“

Es stellte nochmal heraus, dass es zu viele nicht spezialisierte Krankenhäuser in Deutschland gäbe und dazu kämen noch die Investitionskosten. Viele Kliniken seien unterfinanziert. Seiner Ansicht nach müssen Krankenhäuser Gewinne machen, um wenigstens Ihre Substanz erhalten zu können. Mit Geld allein sei das Problem nicht zu lösen denn das Geld verfestige falsche Strukturen.

Prof. Mansky führte Investitionsbeispiele anderer Kliniken und Länder auf und wies darauf hin das Sachsen-Anhalt mit nur 1,7 % Zuschuss im Vergleich zu anderen Standorten dramatisch schlecht abschneide. Darüber hinaus zeigte Prof. Mansky einige positive Beispiele und gelungene Fusionen wie aus Flensburg wo zwei Krankenhausträger verkündet haben eine Fusion eingehen zu wollen.

Abschließend sagte Prof. Mansky, dass man Mut haben und aktiv zur Strukturbereinigung rangehen müsse, denn andere Länder wie Dänemark hätten schon 2007-2009 700 Milliarden Euro in Umstrukturierung und Modernisierung ihrer Kliniken (Gesundheitssystems) investiert und seien uns bereits 10 Jahre voraus.  In Skandinavien läge z.B. die Sterblichkeit bei Herzpatienten bei 4,5 % und in Deutschland dagegen doppelt so hoch. In Dänemark erreiche ein Patient ganz schnell ein Krankenhaus mit Herzkatheder in Deutschland muss der Patient erstmal verlegt werden. Der Patient muss schnell in das richtige Krankenhaus, das sei der richtige Ansatz, so Herr Dralle von der AOK. Auch auf dem Lande sei es in diesen Ländern besser organisiert. Herzinfarktsterblichkeit ist niedriger als in Deutschland trotz der langen Wege auf Grund von besser ausgestatteten Krankenwagen.

Die Diskussionsteilnehmer waren sich nicht in allen Diskussionspunkten einig aber kamen alle darüber überein, dass eine Strukturierung und bessere Versorgung stattfinden müsse aber dafür müsse die Politik auch handeln und vor allem finanzieren.

Anlage: Fotos

Eindrücke aus dem Kongresssaal

Prof. Martin Schostak begrüßt die Kongressteilnehmer

Fotos: Christian Morawe/UMMD

Letzte Änderung: 15.01.2021 - Ansprechpartner: Webmaster