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  Klinikum der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
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  PMI Nr: 21 / Datum: 18.03.2003

  Novartis-Preis: Der Schuppenflechte auf der Spur
  Privatdozent Dr. Michael Schön von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und Prof. Dr. Wolf-Henning Boehncke, Uni Frankfurt/Main, haben am 18. März 2003 den “Novartis-Preis für therapierelevante pharmakologische Forschung” auf der Jahrestagung der DGPT (Deutschen Gesellschaft für experimentelle und klinische Pharmakologie und Toxikologie) in Mainz erhalten. Sie haben einen Stoff aufgespürt, der entzündliche Erkrankungen wie Schuppenflechte oder Rheuma bekämpfen könnte.  
 
Die Schuppenflechte der Haut, das Rheuma der Gelenke, die Multiple Sklerose des Nervensystems - nur drei von Dutzenden chronisch-entzündlichen” Erkrankungen, die allein in Deutschland viele Millionen Menschen meist Jahrzehnte lang quälen. Zwar kann die Medizin den Patienten immer besser helfen. Doch angesichts der Nebenwirkungen bisheriger Therapien und noch immer fehlender Heilung sind neue Strategien gegen die Volkskrankheiten dringend gefragt. PD Dr. Michael Schön von der Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie Magdeburg und Professor Wolf-Henning Boehncke von der Universität Frankfurt haben zusammen mit ihren Teams in jahrelanger Kleinarbeit aus Mikroorganismen – so genannten filamentösen Bakterien – einen Stoff isoliert und so verändert, dass er in Tierversuchen, so Schön, “hervorragende Resultate” erzielt hat. Für die Entdeckung des “Efomycin M” bekommen die beiden Hautspezialisten jetzt den “Novartis-Preis für therapierelevante pharmakologische Forschung.”  
 
Eine Entzündung löst der Körper normalerweise aus, wenn ihn unerwünschte Eindringlinge wie Bakterien oder Viren bedrohen. Bestimmte Zellen des Immunsystems spielen dabei gleich zu Beginn eine zentrale Rolle: Unablässig strömen sie mit dem Blut durch die Adern, um nötigenfalls über spezielle “Klebe-Moleküle” an den Gefäßwänden anzudocken. “Sie rollen an den Innenwänden der Blutgefäße”, erklärt Schön, dringen fortan ins benachbarte Gewebe ein und bekämpfen dort die mögliche Infektion. Nach gewonnener Schlacht ziehen sich die Verteidiger im Normalfall zurück - und die Entzündung verschwindet. Die in der Fachsprache “Selektine” genannten Klebe-Moleküle - es gibt drei verschiedene Typen - sitzen entweder auf der Innenwand der Gefäße selbst oder auf der Oberfläche der weißen Blutkörperchen und sind bei allen Entzündungen aktiv.  
 
Leider auch bei den so genannten Autoimmunerkrankungen. Bei diesen Leiden spielt das Immunsystem aus ungeklärter Ursache dem eigenen Körper einen bösen Streich - ohne Infektion. Im Falle der Schuppenflechte etwa greifen bestimmte Immunzellen irrtümlich bestimmte Moleküle auf der Oberfläche der Hautzellen an. Diese wachsen daraufhin wie entfesselt, türmen sich zu entzündlichen Belägen und fallen schließlich als Schuppen zu täglich Abermillionen ab. Möglichst selektiv in das komplexe molekulare Geflecht der Krankheitsentstehung einzugreifen und das überschießende Immunsystem gezielt zu bremsen, ist das Ziel neuer HighTech-Medikamente.  
 
So auch im Falle des Efomycins M. Bei Menschen mit Schuppenflechte rollen die Immunzellen sehr oft an den Gefäßinnenwänden. Deshalb gerät die eigentlich gesunde Haut rasch in den Zustand der Dauerentzündung. Ohne das häufige Rollen, so die Überlegung der beiden Novartis-Preisträger, dürfte auch keine Entzündung entstehen. Um den Prozess zu stoppen, suchten die Forscher nach Substanzen, die die Selektin-Andockstellen blockieren. Unter rund 20.000 verschiedenen Substanzen einer Naturstoff-Bibliothek wurden sie fündig: Ein bestimmter Stamm von Bakterien produzierte den Anti-Haft-Stoff.  
 
Doch handelte es sich noch um eine Mixtur verschiedener Einzelkomponenten, die Zellen schädigen. Indem die Wissenschaftler diese Komponenten biochemisch bearbeiteten, fanden sie das Efomycin M, das inzwischen in Tierversuchen erprobt wurde. Und woran andere Forscher bislang scheiterten, gelang den deutschen Dermatologen: Mit ihrer Testsubstanz blockieren sie in verschiedenen Tierversuchen alle Selektine des Körpers - und “die Entzündungen verschwanden innerhalb weniger Wochen”, wie Wolf-Henning Boehncke betont. Bemerkenswert dabei: Die behandelte Haut stammte von Schuppenflechte-Patienten, die Mäusen transplantiert worden war. Und Folgeexperimente zeigten, dass tatsächlich nicht das gesamte Immunsystem unterdrückt wurde, sondern nur das avisierte Ziel, was wichtig ist wegen möglicher Nebenwirkungen. Eine komplett gebremste Körperabwehr macht Patienten anfälliger gegenüber Infektionen und Krebs.  
 
Jetzt testen die Mediziner das Efomycin M auch im Kampf gegen andere entzündliche Leiden - im Auge haben sie nicht nur Autoimmunerkrankungen, sondern beispielsweise auch die Neurodermitis, die vor allem Kinder quält. Und womöglich Ende diesen Jahres oder Anfang 2004 sollen klinische Studien wahrscheinlich mit Schuppenflechte-Patienten starten. Einfach zu nehmen wäre die Substanz allemal - als Tablette.  
 
Novartis-Preis für therapierelevante pharmakologische Forschung  
 
Der Novartis-Preis für therapierelevante pharmakologische Forschung wurde 1992 gemeinsam von der Novartis Pharma GmbH und der DGPT (Deutschen Gesellschaft für experimentelle und klinische Pharmakologie und Toxikologie) zur Auszeichnung von Arbeiten geschaffen, die eine Brücke schlagen zwischen pharmakologischer Grundlagenforschung und klinischer Forschung. Er wird alle zwei Jahre vergeben und ist mit 10.300 € dotiert. Die aus namhaften deutschen Pharmakologen bestehende unabhängige Jury erkannte den diesjährigen Preis der Arbeit von PD Dr. Michael Schön und Prof. Dr. Henning Boehncke zu. Die Übergabe erfolgte auf der Frühjahrstagung der DGPT am 18. März 2003 in Mainz.  
Die Novartis AG (NYSE: NVS) ist ein weltweit führendes Unternehmen in den Bereichen Pharma und Consumer Health. Im Jahr 2002 erzielte der Konzern einen Umsatz von CHF 32,4 Milliarden (USD 20,9 Milliarden) und einen Reingewinn von CHF 7,3 Milliarden (USD 4,7 Milliarden). Der Konzern investierte rund CHF 4,3 Milliarden (USD 2,8 Milliarden) in Forschung und Entwicklung. Novartis hat ihren Sitz in Basel (Schweiz). Die Novartis Konzerngesellschaften beschäftigen rund 72 900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in über 140 Ländern.  
 
Weitere Auskünfte erteilen gern:  
- PD Dr. Michael Schön,  
Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Tel. 0391/67 15249, e-mail: michael.schoen@medizin.uni-magdeburg.de  
 
- Novartis Pharma, Philipp Kreßirer, Referent Kommunikation, Tel. 0911/273 12006,  
e-mail: philipp.kressirer@pharma.novartis.com, http://www.novartis.de  
 
- Ein Foto von PD Dr. Michael Schön können wir als jpg-Datei zur Verfügung stellen.


 

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