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  Medizinische Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
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  PMI Nr: 104 / Datum: 19.10.2006

  Förderpreis für Schmerzforschung an Magdeburger Pharmakologen
 
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Untersuchungen zur Abhängigkeit und Toleranz bei Opioiden  
 
Beim diesjährigen Deutschen Schmerzkongress wurde der Magdeburger Forscher Dr. Thomas Koch für seine Untersuchungen zur Wirkung von Morphin und anderen Opioiden mit dem zweiten Preis der Kategorie Grundlagenforschung des Förderpreises für Schmerzforschung ausgezeichnet. Der Preis wird jährlich vergeben von der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes e.V. (DGSS), Stifterin ist die Grünenthal GmbH. Die Verleihung fand in Berlin statt.  
 
Das Magdeburger Wissenschaftlerteam um Dr. Thomas Koch hat am Institut für Pharmakologie und Toxikologie (Leitung: Prof. Dr. V. Höllt) untersucht, wie und warum Opioide, zu denen auch das Morphin gehört, bei chronischer Gabe zu einer Opiattoleranz führen und ob sich das verhindern lässt. Sie fanden heraus, dass unterschiedliche Opioidsubstanzen in unterschiedlicher Art und Weise an ein und demselben Rezeptortyp wirken können: Bei einigen Opioiden, so auch bei Morphin, werden die Rezeptoren während einer Langzeitbehandlung ausgeschaltet und bleiben auf Dauer inaktiv - eine erhöhte Toleranz ist die Folge. Bei anderen Substanzen werden die Rezeptoren internalisiert, in reaktiviertem Zustand wieder in die Membran eingebaut ("recycelt") und stehen wieder neu zur Verfügung - dieser Mechanismus wirkt einer Toleranz entgegen.  
 
Zur Person: Dr. rer. nat. Thomas Koch ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg tätig. Nach dem Biologiestudium begann er seine wissenschaftliche Laufbahn am Lehrstuhl für Biologie der Mikroorganismen der Ruhr-Universität Bochum. 1994 wechselte er an das Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Magdeburger Universität. Für seine wissenschaftlichen Leistungen wurde der 43-jährige Forscher bereits mit dem Schmiedeberg-Preis 1997 der Deutschen Gesellschaft für experimentelle und klinische Pharmakologie und Toxikologie ausgezeichnet.  
 
Zum Forschungsprojekt: Morphin wird seit langem wegen seiner beruhigenden und schmerzlindernden Wirkung geschätzt, macht aber auf Dauer abhängig und muss in immer höheren Dosen verabreicht werden, um noch wirksam zu sein, weil sich eine wachsende Toleranz einstellt. Morphin und andere Opiate wirken über einen bestimmten Rezeptor, der auch körpereigene Opioide (Endorphine) erkennt und bindet. Während einer Langzeitbehandlung nimmt die Aktivität der Morphin-besetzten Rezeptoren jedoch schnell ab, was maßgeblich zur Toleranzentwicklung beiträgt. "Bei den Endorphinen lässt sich ein Mechanismus beobachten, der bei Morphin nicht eintritt: Die Rezeptorendozytose", erklärt Dr. Koch.  
 
Dabei werden die von der Substanz besetzten Rezeptoren nach ihrer Inaktivierung in die Zelle geschleust, dort reaktiviert und "recycelt". Bei chronischer Morphinbehandlung bleiben dagegen inaktivierte Rezeptoren an Ort und Stelle und die Substanz kann am Rezeptor keine Wirkung mehr entfalten. So bildet sich eine schnelle Morphintoleranz aus.  
 
Die Forscher konnten an Zellkulturen nachweisen, dass neben den Endorphinen auch andere, in der Klinik eingesetzte Opioide, wie das Fentanyl, Methadon, Piritramid und Sufentanil eine Rezeptorendozytose auslösen können. Sie stellten fest, dass Opioide mit einer hohen endozytotischen Potenz zu einer verzögerten Toleranzentwicklung im Zellmodell führten. "Aufgrund dieser negativen Korrelation zwischen endozytotischer Potenz und ausgelöster Toleranzentwicklung könnte man annehmen, dass sich endozytosefähige Wirkstoffe besser für eine Langzeittherapie eignen", berichtet Dr. Koch, "allerdings ergreift der Körper aufgrund der fehlenden Abschaltung der Rezeptoren auf zellulärer Ebene Gegenmaßnahmen, die zu einer erhöhten Abhängigkeit von der jeweiligen Substanz führen können." Ob endozytierende Agonisten tatsächlich für die Langzeittherapie besser geeignet sind, muss daher in weiterführenden in vivo Studien eingehender untersucht werden.  
 
Ansprechpartner  
Dr. Thomas Koch, Institut für Pharmakologie und Toxikologie  
der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg  
Tel. 0391/67 15372,  
E-Mail: thomas.koch@medizin.uni-magdeburg.de  
 
Quelle: Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes  


 

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