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  Medizinische Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
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  PMI Nr: 53 / Datum: 11.05.2006

  Experimente in der Schwerelosigkeit über Funktion menschlicher Zellen
 
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Untersuchungen von Magdeburger und Berliner Wissenschaftlern bei der 8. DLR-Parabelflugkampagne  
 
Ein Forscherteam unter Leitung des Magdeburger Wissenschaftlers Prof. Dr. Dr. Oliver Ullrich (Institut für Immunologie an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg) wird vom 15. bis 26. Mai 2006 auf der 8. Parabelflugkampagne des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in die Schwerelosigkeit fliegen. Neben Prof. Ullrich wird das Projekt von Prof. Dr. Frauke Zipp von der Charité Berlin und Prof. Dr. Petra Knaus von der Freien Universität Berlin aktiv unterstützt. Die Magdeburger und Berliner Wissenschaftler werden an Bord eines speziell für Parabelflüge konzipierten Airbus A300 ZERO-G grundlegende Experimente über die Funktion menschlicher Zellen des Immunsystems in der Schwerelosigkeit durchführen.  
 
Mit den bevorstehenden Experimenten soll vor allem die Frage beantwortet werden, warum Zellen des Immunsystems in Schwerelosigkeit praktisch funktionsunfähig werden. Damit sollen nicht nur wichtige medizinische Grundlagen für Langzeitaufenthalte im Weltraum erforscht werden, sondern auch neue Mechanismen aufgeklärt werden, die man sich für die Therapie von Krankheiten des Immunsystems auf der Erde nutzbar machen kann. Auch die Frage, ob menschliche Zellen überhaupt in der Lage sind, in Schwerelosigkeit regulär zu funktionieren, sollen diese Experimente teilweise beantworten. "Denn da die Schwerkraft seit Existenz der Erde auf jedes Lebewesen und jede Zelle einwirkt, ist es nur naheliegend zu erwarten, dass jedes Leben, das sich unter Schwerkraft entwickelt hat, auch nur in der Schwerkraft ungestört funktionieren kann", erklärt Prof. Ullrich.  
 
Um diese grundlegenden biologischen Fragen überhaupt unter den Bedingungen von Parabelflügen im Experiment untersuchen zu können, hat das Institut für Maschinenkonstruktion der Fakultät für Maschinenbau der Otto-von-Guericke-Universität (Prof. Dr.-Ing. Karl-Heinrich Grote) ein spezielles Experimentmodul konstruiert und angefertigt. Dieses in Europa einzigartige Gerät ist eine komplette Neuentwicklung, die es nun ermöglicht, an Bord von Parabelflügen mit lebenden menschlichen Zellen Experimente durchzuführen. Das Modul kann dann nicht nur den Magdeburger Wissenschaftlern, sondern auch international für Forschungen in der Schwerelosigkeit zur Verfügung gestellt werden. Die ingenieurtechnische Leistung wurde von Dr.-Ing. Frank Engelmann und seinem Team (Fakultät für Maschinenbau) innerhalb engster Zeitvorgaben erbracht.  
Die menschlichen Immunzellen, die in die Schwerelosigkeit fliegen, stammen aus nicht für Bluttransfusionen geeigneten Zellen von Blutspendern des DRK-Blutspendedienstes in Dessau (Leitung: Dr. Hartmut Kroll). Hier wird am 18., 19. und 22. Mai 2006 gleichzeitig für die Patientenversorgung und für die Forschung in der Schwerelosigkeit Blut gespendet.  
 
Von der die Fachgrenzen überschreitenden Zusammenarbeit ist Prof. Ullrich hochbegeistert: "Dieses Projekt haben Menschen ermöglicht, die bereit waren, das Ungewöhnliche zu wagen, die bereit waren, Risiken einzugehen und die unzählige Stunden, Tage und Wochen zusätzlich zu ihren regulären beruflichen Aufgaben investiert haben, um uns diesen gewaltigen Schritt voranzubringen."  
 
Den Experimenten in realer Schwerelosigkeit sind seit eineinhalb Jahren umfangreiche Experimente mit simulierter Schwerelosigkeit in Kooperation der Magdeburger Uni-Wissenschaftler mit dem DLR vorausgegangen. Hier konnten eine Menge an Ergebnissen gewonnen werden, die nun in der bevorstehenden Parabelflugkampagne weiter untersucht werden sollen. Das Forschungsprojekt der Magdeburger Wissenschaftler ist auch Teil eines Forschungsverbundes der Europäischen Weltraumbehörde ESA im Rahmen des Forschungsprogramms ELIPS-2 (European programme for Life and Physical sciences and applications utilising the International Space Station ISS).  
 
Das Testflugzeug des Typs Airbus A300 ZERO-G wird während dieser Kampagne an drei Flugtagen vom Flughafen Köln/Bonn aus starten und über der Nordsee pro Flugtag jeweils 31 Parabelmaneuver fliegen. Dabei steigt das Flugzeug aus dem horizontalen Flug im 47 Grad-Winkel steil nach oben, drosselt die Schubkraft der Turbinen bis zum Sturzflug in 47 Grad-Neigung, bei der für etwa 22 Sekunden annähernde Schwerelosigkeit (Mikrogravitation) erreicht wird. Insgesamt stehen so bei einer Kampagne etwa 90 Phasen Mikrogravitation - im Wechsel mit normaler und doppelter Erdbeschleunigung - zur Verfügung, die Forscher für ihre Experimente nutzen können. Genutzt werden die von der französischen Firma Novespace angebotenen Fluggelegenheiten vom DLR und von der Europäischen Weltraumbehörde ESA (European Space Agency).  
 
Der Airbus A300 ZERO-G wird am Freitag, dem 19. Mai 2006, mit den Experimenten und den Projektleitern an Bord auf der Internationalen Luft- und Raumfahrt-Ausstellung ILA in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt werden.  
 
 
Weitere Auskünfte:  
Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Oliver Ullrich,  
Stellv. Direktor des Instituts für Immunologie, Universitätsklinikum der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Leipziger Str. 44, 39120 Magdeburg , Tel.: 0391 67-15382, Fax: 0391 67-15394, E-Mail: oliver.ullrich@medizin.uni-magdeburg.de,  
 
Prof. Dr. Frauke Zipp, Institut für Neuroimmunologie, Universitätsmedizin Berlin - Charité, Schumannstr. 20/21, 10098 Berlin, Tel. 030 450 539028, E-Mail: frauke.zipp@charite.de  
 
Prof. Dr. Petra Knaus, Institut für Chemie und Biochemie, Freie Universität Berln, Thielallee 63, 14195 Berlin, Tel. 030-838 52935, E-Mail: knaus@chemie.fu-berlin.de  
 
Auskünfte zur 8. DLR-Parabelflugkampagne: Dr. Niklas Reinke, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Tel. 0228 447 394, e-mail: niklas.reinke@dlr.de  
 
Quelle: Abteilung für Publikationen und Öffentlichkeitsarbeit der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg  
 
Foto: Bei einem Pressegespräch am 10. Mai 2006 wurde das Experimentmodul vorgestellt.  


 

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