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  Medizinische Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
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Informationsdienst Wissenschaft - idw

  PMI Nr: 33 / Datum: 13.05.2008

  Initiative der Orthopäden „Aktive Solidarität“ geht erfolgreich weiter
 
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Mehr als 340 ehemalige NS-Opfer aus Osteuropa wurden bereits operiert  
 
Das bundesweite Projekt "Aktive Solidarität - Orthopädische Operationen für NS-Opfer aus Osteuropa" wurde im Jahr 2002 ins Leben gerufen. Mehr als 80 deutsche Kliniken haben sich dieser Ärzteinitiative angeschlossen. Iniitiert wurde diese Hilfsaktion auf dem Deutschen Orthopädenkongress 2001 vom damaligen Tagungspräsidenten Prof. Dr. Wolfram Neumann, Direktor der Orthopädischen Universitätsklinik Magdeburg. Er und seine Kollegen hoffen mit dieser Initiative als Zeichen der Solidarität, etwas zur Versöhnung mit den Völkern Mittel- und Osteuropas und vor allem zur Abtragung der Schuld gegenüber den Menschen, denen im Dritten Reich so viel Leid zugefügt wurde, beitragen zu können.  
 
Seitdem wurden im Rahmen dieser Initiative etwa 340 Frauen und Männer - größtenteils aus Polen, aber auch aus der Ukraine und Weißrussland - die unter Verschleißerkrankungen leiden, in Orthopädischen Kliniken in Deutschland und Österreich operiert. In der Uniklinik Magdeburg wurden bislang bei acht Patienten Knie- oder Hüftendoprothesen implantiert. Derzeit wird wieder ein 73jähriger Patient aus Polen hier betreut. Die Prüfung der Hilfsbedürftigkeit erfolgt grundsätzlich über Partnerorganisationen vor Ort auf Empfehlung zur Operation durch Fachkollegen des Heimatlandes.  
 
Das Krankenhauspersonal operiert die Patienten kostenlos, die Implantatindustrie stellt die benötigten Gelenkprothesen für die ehemaligen NS-Opfer gratis zur Verfügung. Die organisatorischen Komponenten des Projekts, wie Reisekosten inklusive Tagegeld von Patienten und einer Begleitperson wurden in den vergangenen fünf Jahren bis zum April dieses Jahres von der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ als Anlaufhilfe finanziell unterstützt.  
 
„Wir sind sehr froh, dass in den vergangenen Jahren bereits mehr als 340 Menschen geholfen werden konnte“, berichtet Klinikdirektor Professor Neumann. „Mit Hilfe von Unternehmen aber auch Dank privater Spenden zur Deckung der organisatorischen Kosten werden wir die Aktion auf jeden Fall weiterführen und wir erhalten auch schon konkrete Unterstützung.“ Der Verein nennt sich Aktive Solidarität e. V. und setzt sich zusammen aus Reiner Riegg (Geschäftsführer), Franz-Ulrich Kleindorff, Bürgermeister der Gemeinde Barleben, (Geschäftsführer), Sachsen-Anhalts Verkehrsminister, Dr. Karl-Heinz Daehre, Landtagspräsident Dieter Steinecke, Landrat Lothar Finzelberg (Jerichower Land), Erich Wasserthal, Bürgermeister der Gemeinde Sülzetal, Landrat Thomas Webel (Landkreis Börde).  
Dem 73jährigen Polen, der derzeit an der Magdeburger Uniklinik betreut wird, wurden in der vergangenen Woche von Prof. Wolfram Neumann und seinem Ärzte-Team zwei künstliche Hüftgelenke eingesetzt. Bereits zwei Tage nach der OP konnte der Patient die ersten Schritte gehen. Schon bald möchte der Schmiedemeister in der Heimat wieder seiner Tätigkeit nachgehen. Während des Klinikaufenthaltes ist der polnische Arzt Dr. Pawel Mroczkowski, der in der hiesigen Chirurgischen Klinik arbeitet, häufig an seiner Seite und kümmert sich auch um die sprachliche Verständigung.  
 
Während des Zweiten Weltkrieges war er als Kind mit seiner Familie im Zuge der Aktion Zamosc aus seinem Heimatort evakuiert worden. Ziel dieser Aktion war es, Teile des Bezirks Lublin im Generalgouvernement gewaltsam zu „germanisieren“. Viele der ausgesiedelten Menschen verloren ihr Leben in Vernichtungslagern. Gemeinsam mit seiner Schwester wurde der Junge in ein Übergangslager abtransportiert und blieb dort einige Monate, bis es polnischen Bürgern gelang, ihn bei einem Weitertransport zu befreien. Über das Schicksal seiner Eltern ist nichts bekannt. Er hat sie nie wieder gesehen.  
 
Über die Aktion Zamosc:  
Die Aktion Zamosc war ein Versuch im Zweiten Weltkrieg, Teile des Bezirks Lublin im Generalgouvernement (GG) gewaltsam zu „germanisieren“. Die Aktion stellte den ersten und einzigen Versuch der Nationalsozialisten dar, die im Generalplan Ost vorgegebenen Besiedlungsmaßnahmen außerhalb der Reichsgrenzen im Osten zu verwirklichen. Am 12. November 1942 erklärte Himmler den Kreis Zamosc „zum ersten deutschen Siedlungsgebiet“. Stadt und Kreis Zamosc sollten „deutsch besiedelt“, die dort lebende Bevölkerung evakuiert werden. Die Aktion begann Ende November 1942, nachdem die Sommeroffensive der deutschen Wehrmacht die Front auf sowjetischem Gebiet weiter nach Osten verschoben hatte. Es sollten 60.000 Ansiedler – polnische „Deutschstämmige“ und vor allem „Volksdeutsche“ – untergebracht werden. Dafür wurden rund 110.000 Polen aus 300 Dörfern ausgesiedelt.  
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Aktion_Zamosc  
 


 

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