Immunzellen auf der Spur

11.02.2021 -  

Mit nur einer Blutprobe die richtige Therapie für die Behandlung von Krebspatienten finden. Und das in extrem kurzer Zeit. Das ist die Vision von Prof. Dr. Borna Relja, der neuen Prorektorin für Forschung, Technologie und Chancengleichheit der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Welche Rolle spielt dabei ihr Forschungsgebiet, die experimentelle Radiologie?

„Es gibt in der Radiologie eine Fülle an Daten zur Bildgebung vor, während und nach der Therapie und darüber hinaus eine Fülle an immunologischen Analysen. Wir wollen diese Datensätze komplettieren und sie somit innerhalb der Diagnostik und der therapeutischen Intervention unter anderem für die Behandlung von Krebspatienten nutzbar machen“, beschreibt Prof. Relja das Vorhaben. Die Vision: Ein intelligenter Algorithmus aus Daten der Immunprofilierung und bildgebender Daten soll Ärzte und Wissenschaftler in kürzester Zeit in die Lage versetzen, anhand einer Blutprobe Rückschlüsse auf eine geeignete Therapie zu ziehen.  

Prof. Borna Relja Leiterin der experimentellen Radiologie der Universitätsmedizin Magdeburg_Foto UMMDORAWE

Anders als noch vor Jahrzehnten werden Radiologen mittlerweile auf vielfältige Art und Weise in die Behandlung einbezogen. So können sie mit Hilfe von Röntgenstrahlen, Ultraschall, Kernspintomografie, Computertomographie und innerhalb der interventionellen Radiologie mit Hilfe von gezielten Eingriffen Tumore nicht nur erkennen und überwachen, sondern auch behandeln. Die Universitätsmedizin der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, als eine von wenigen Forschungseinrichtungen in Deutschland überhaupt, geht mit einer Professur für die experimentelle Radiologie deshalb einen folgerichtigen Weg. Die beiden Bereiche, das heißt die interventionelle Radiologie in der Klinik für Radiologie mit ihrem Direktor Prof. Dr. med. Maciej Pech, und die experimentelle Radiologie unter der Leitung von Prof. Dr. Relja arbeiten von Beginn an zusammen.

Sie erklärt: „Es gibt Krebspatienten, die bereits seit 2013 bei uns in der Radiologie behandelt werden und noch leben. Das sind über sieben Jahre. Das bedeutet für einen Vater oder eine Mutter, dass man die Einschulung seines Kindes und vielleicht auch noch miterlebt, wie es das Abitur macht. Das ist stark, was die Kollegen da machen“, erzählt die gebürtige Kroatin. Es fehle aber an Wissen, warum einige Patienten auf Therapien ansprechen und andere eben nicht.

Dazu muss man wissen: Krebszellen sind teilweise Meister darin, sich zu verstecken. Damit läuft die Immunantwort des Körpers ins Leere. Ähnlich laufen die Reaktionen im Körper bei Traumata ab – dem Spezialgebiet der gelernten Biologin. „Ich untersuche zum Beispiel abskopale Effekte“, erklärt Relja. Dabei handelt es sich um Effekte der Therapie, die nicht unmittelbar mit der Lokalisation der Therapie zusammenhängen. „Man behandelt an einer Stelle und sieht an einer völlig anderen Stelle eine Veränderung.“ Verantwortlich sind neben zellulären auch sicherlich ganz entscheidend humorale Mediatoren, die diese Effekte hervorrufen. Von diesem Wissen kann ihrer Ansicht nach, die interventionelle Radiologie, in Magdeburg unter der Leitung von Klinikdirektor Prof. Dr. Maciej Pech, und damit auch die Onkologie profitieren. „Man braucht die individuellen immunologischen Faktoren für ein besseres Verständnis und um die präzisierten Therapien anzupassen“, so die 40-Jährige.

Ein interdisziplinärer Austausch hilft dabei. Und auch die Arbeit mit dem eigenen mittlerweile 20-köpfigen Team, das sich vorrangig aus wissenschaftlichem Nachwuchs zusammensetzt. Das Team arbeitet innerhalb des Forschungscampus STIMULATE gemeinsam mit Ingenieuren, Modellierern und Mathematikern der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, unter anderem auch an dem Querschnittsprojekt „Immunoprofiling“, das von der experimentellen Radiologie geleitet wird. Laut Relja ein zukunftsweisendes Projekt mit Blick auf die personalisierte Medizin. Wie wirken sich Therapien mit modernsten interventionellen Geräten und Tools auf die biologischen Strukturen in Tumoren und Zellen aus und wie kann man diese Daten möglichst schnell aufbereiten, um die Therapieeffekte, -misserfolge und -erfolge besser zu verstehen und die Behandlung künftig zu optimieren? Das sind die Fragen, an denen dieser interdisziplinäre Zusammenschluss an Wissenschaftler*innen vor Ort arbeitet.

Bereits als junge Frau war Relja davon überzeugt, dass Wissenschaft so etwas leisten könne.  „Ich habe gedacht, dass man mit viel und guter Forschung Krankheiten heilen kann.“ Knapp 20 Jahre später resümiert sie: „Das denke ich auch immer noch, nur, dass es mit viel und guter Forschung allein nicht getan ist.“ Als neue Prorektorin für Forschung, Technologie und Chancengleichheit der Uni Magdeburg will sie auch zum Umdenken auffordern. „Ich sehe für die zukünftige universitätsmedizinische Forschung mehr klinische Translationalität, um aus der Forschung heraus schneller zu Ergebnissen zu kommen. Dennoch bleibt Grundlagenforschung essenziell für uns“, sagt sie. Relja ist sich im Klaren darüber, dass das nicht einfach wird. Weshalb sie das aber dennoch nicht abschreckt, verrät ein Blick auf ihre Biografie.

Geboren 1980 in Zagreb (Kroatien), kam sie mit ihrer Familie als 13-Jährige während des Jugoslawienkrieges nach Deutschland. Trotz einer für sie zunächst völlig fremden Sprache und Gesellschaft legte sie nicht nur das Abitur ab, sie war gleichzeitig auch Jahrgangsbeste. Den Grundstein für ihre wissenschaftliche Karriere legte sie dann an der Goethe-Universität in Frankfurt (Main). Sie studierte dort Biologie, promovierte und habilitierte im Fachgebiet der experimentellen Chirurgie. Ihre Arbeit in der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie brachte sie schließlich zu ihrem Spezialgebiet – der Traumaforschung.

Kontakt für die Medien:
Prof. Dr. phil. nat. Borna Relja, Leiterin Experimentelle Radiologie, , Tel.: 0391-67-28242
Foto: Prof. Dr. Borna Relja ist die Leiterin der Experimentellen Radiologie an der Universitätsmedizin Magdeburg. Foto: UMMD/Christian Morawe

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