Kreuzbandriss: neue Methode zur Selbstheilung

von Jacqueline Heß

Die Orthopädische Universitätsklinik Magdeburg setzt seit neuestem beim Riss des vorderen Kreuzbandes auf eine neue Methode zur Selbstheilung und somit zur Erhaltung des Kreuzbandes: die Dynamische Intraligamentäre Stabilisierung (DIS).

operiertes KreuzbandDer Riss des vorderen Kreuzbandes stellt die häufigste Bandverletzung des Kniegelenkes dar. Grund dafür ist meistens eine belastete Beugung oder eine Außenrotationsbewegung des Unterschenkels, wodurch es zu einer kurzfristigen Überlastung des vorderen Kreuzbandes kommt und Kräfte von über 200 kg wirken. Insbesondere bei Sportarten wie Skifahren oder Fußball kommt es häufiger zu dieser Verletzung.

„Bisher war es nicht möglich, das eigene Kreuzband nach einem Riss zu erhalten. Es wurde deshalb durch eine Spendersehne aus dem gleichen Bein ersetzt. Zwar stabilisiert dieses Band das Kniegelenk wieder, jedoch kann es die Steuerungsfunktion des originalen Kreuzbandes nicht mehr übernehmen, weil es keine Nervenfasern wie das originale Kreuzband enthält. Dadurch wurden die Funktion und das Gefühl für das Kniegelenk jedoch nur selten wieder als normal von den Patienten empfunden“, erklärt Prof. Dr. Christoph Lohmann, Direktor der Orthopädischen Universitätsklinik Magdeburg.

Lohmann„Mit der neuen Methode ist aber eine Selbstheilung möglich. Mit der Dynamischen Stabilisierung des Kniegelenkes kann das gerissene Kreuzband auf eine neue Art und Weise ruhiggestellt werden, dass es zur Spontanheilung kommt. Das Kernelement dieser "dynamischen intraligamentären Stabilisierung" (DIS) besteht aus einem Polyethylenfaden, der im Oberschenkel verankert wird und durch ein Federsystem im Unterschenkel das Kniegelenk bei jeder Bewegung stabilisiert. So wird die notwendige Ruhe gewonnen, die es zur Ausheilung des Kreuzbandrisses braucht. Zusätzlich wird ein sogenanntes "Microfracturing" durchgeführt, welches Stammzellen an die Rissstelle transportiert und somit die Heilung des Bandes fördert“, so der Klinikdirektor.

Grafik Ligamys implant 03Im Prinzip eignet sich jedes frisch gerissene Kreuzband für die DIS-Methode. Je sportlich aktiver ein Mensch ist, desto mehr braucht er die Funktion des vorderen Kreuzbandes. Jungen Menschen mit hohem Aktivitätsniveau wird deshalb die frühzeitige Operation empfohlen. Prof. Lohmann: „Die Operation dauert meist weniger als eine Stunde. Circa vier Tage wird das Bein gestreckt in einer Oberschenkelschiene belassen, damit die initiale Heilung beginnen kann. Es wird eine schnelle Vollbelastung angestrebt. Dafür wird sofort mit einer physiotherapeutischen Behandlung begonnen zur Mobilisation des Kniegelenkes, Kraftaufbau sowie Kontrolle der muskulären Führung.“

Der wesentliche Vorteil dieser Methode gegenüber der herkömmlichen Kreuzbandrekonstruktion liegt darin, dass das eigene, lebendige Kreuzband erhalten wird und somit die Nervenfunktionen erhalten bleiben. Zusätzlich ist es nicht mehr notwendig, dass andernorts eine Sehne entnommen werden muss, was den chirurgischen Eingriff auch noch verkleinert. Weiterhin ist die Zeit der Rehabilitation deutlich kürzer. „Schlussendlich zeigen die ersten Resultate, dass die Patienten nach circa vier Monaten praktisch keinen Unterschied mehr verspüren zur nichtverletzten Gegenseite und eine normale Kniegelenksfunktion aufweisen. Die Orthopädische Universitätsklinik ist eine der ersten Kliniken deutschlandweit, die das neue Verfahren in den OP-Alltag routinemäßig integriert hat.“

Foto oben: Das Röntgenbild zeigt das Implantat (die Pfeile zeigen Anfang und Ende des Implantats, der Faden wird auf der Aufnahme nicht dargestellt).

Letzte Änderung: 18.09.2023 - Ansprechpartner: Webmaster