Fit bleiben auch im Alter

28.07.2010 -  

Erinnerungen an die Kindheit: Auf der Schaukel fast einen Überschlag wagen oder auf der Wippe mit den Beinen in der Luft zappeln. In Magdeburg wird diese Erinnerung für die Generation 60Plus seit einigen Wochen im Stadtteil Neu-Olvenstedt in der Sankt-Josef-Straße auf einem Seniorensportplatz wieder wach. Therapeutisch, generationenübergreifend, funktionell und designerisch ist ein Sportpark entstanden, der auf die Bedürfnisse von Senioren ausgerichtet ist.

Die Idee dazu brachte Thomas Gatzky, Industriedesigner und Hochschuldozent an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg (OVGU), 2006 von seinen Chinareisen mit. In vielen großen chinesischen Städten sah er immer wieder Gruppen von Sportgeräten, die vornehmlich von älteren Leuten öffentlich genutzt wurden.

Der Seniorensportplatz in Neu-Olvenstedt ist Teil eines Gesamtkonzepts. Auf einer 12.000 Quadratmeter großen Fläche plante und erstellte die AQB Magdeburg einen parkähnlichen Treffpunkt für alle Generationen. Die Sportgeräte nehmen im Park eine zentrale Stellung ein. Der Bewegungspark ist zur Zeit noch ein Prototyp. Seine Aufstellung bietet beste Voraussetzungen für Testung und Beurteilung. Derzeit wird nach interessierten Firmen gesucht, die die Prototypen in marktgerechte Produkte überführen können.

In der von Prof. Dr. Sándor Vajna und Hochschuldozent Thomas Gatzky geführten Studienrichtung Integrierte Produktentwicklung (IPE) an der Fakultät Maschinenbau der OVGU wurde im Wintersemester 2007 ein interdisziplinäres studentisches Team gebildet, das ein Semester lang entwarf, gestaltete und konstruierte. Studenten der Fachrichtungen IPE-Maschinenbau, Computervisualistik, Entrepreneurship, Sport und Technik und Industriedesign (vom Institut für Industrial Design an der Hochschule Magdeburg-Stendal) sowie eine ähnlich zusammengesetzte Studentengruppe der Technischen Universität Budapest, Ungarn, entwickelten gemeinsam 15 seniorengerechte Geräte. Für den Sportpark wurden dann neun Geräte ausgewählt und für die prototypische Umsetzung weiter detailliert.

Darunter beispielsweise eine Wippe, die zur Kräftigung der Armmuskulatur dient. Der Nutzer positioniert sich zwischen den Griffen an dem einen Ende der Wippe und drückt das Gerät nach unten. Auf der Sitzfläche am anderen Ende kann für mehr Widerstand das Enkelkind mitmachen. Spaß und Geschicklichkeit stehen im Vordergrund der Nutzung eines anderen Gerätes. Allein oder auch zu zweit können die Nutzer nur durch Verlagern ihres Gewichts auf einer beweglichen Holzscheibe eine Kugel ins Zentrum des Labyrinths bugsieren. Die Outdoorvariante eines Fahrradergometers dient der Stärkung von Beinmuskulatur und Ausdauer. Durch gleichgerichtete oder wechselnde Trittbewegungen werden beispielsweise auf dem Stepper sowohl die Beine als auch der Koordinationssinn trainiert. Und auch für die geistige Fitness ist gesorgt: Ein Gerät wurde dem Gesellschaftsspiel "Vier gewinnt" nachempfunden und ein anderes lädt zum Ausflug in Klangwelten ein. Zu jedem Gerät ist im Neu-Olvenstedter Bewegungspark eine Informationstafel mit der Gebrauchsanleitung aufgestellt.

Was macht nun das Besondere der Geräte aus? Ihre Nutzungsweise erschließt sich sozusagen "auf den ersten Blick". Die Geräte sind in der Summe sowohl auf körperliche als auch auf geistige Ertüchtigung ausgelegt. Die Eignung orientiert sich an den Bedürfnissen von Senioren, aber auch das generationsübergreifende Trainieren, z. B. mit dem Enkel, ist einkalkuliert und erwünscht. Eine über alle Geräte sich wiederholende prägnante Formensprache, in Verbindung mit den Materialien Edelstahl und Holz, signalisiert Fitness und Lebensfreude. Bewusst vermieden wurde eine stigmatisierende Anmutung. Die Aufforderung, aktiv zu werden, ist der gestalterische Grundgedanke!

Ein Teil der Entwürfe wurde in vereinfachte Funktionsmodelle überführt und am Institut für Sportwissenschaft der OVGU unter Leitung von Prof. Dr. Kerstin Witte auf ihre Eignung hin evaluiert. Dipl.-Ing. Stephan Hartmann vom Lehrstuhl für Maschinenbauinformatik am Institut für Maschinenkonstruktion betreute alle Entwicklungsphasen und sorgte dafür, dass aus den Ideen und Entwürfen funktionsfähige Prototypen wurden.

Während der Endphase des Projektes wurden Vertreter der Stadtverwaltung auf das Projekt aufmerksam, die das Potential der Entwürfe erkannten. So entstand in kürzester Zeit ein Netzwerk von umsetzungswilligen Partnern, wie u. a. die AQB gGmbH Magdeburg, das Jobcenter Magdeburg, die STEGROPLAN Ingenieurgesellschaft mbH und die Brücke gGmbH. Die Fertigung der Sportgeräte übernahm die TEUTLOFF Schulung und Schweißtechnische Bildung gGmbH. Alle gemeinsam trieb die Idee an, anlässlich der Internationalen Bauausstellung IBA 2010 einen funktionierenden Sportpark für Senioren der Stadt zu übergeben.

Jetzt können sich sowohl Eltern mit Kindern, Jugendliche als auch ältere Menschen auf eine Möglichkeit freuen, sich sportlich zu betätigen und miteinander ins Gespräch zu kommen. Dieses Projekt trägt einerseits zur Gesundheitsförderung einer immer älter werdenden Gesellschaft bei, fördert andererseits aber auch die generationsübergreifende Kommunikation der Einwohner der Stadt Magdeburg.

Ansprechpartner:

HD Dipl.-Designer, Dipl.-Ing. Thomas Gatzky, Lehr- und Forschungsbereich Industriedesign am Institut für Arbeitswissenschaft, Fabrikautomatisierung und Fabrikbetrieb, Telefon: 0391 67-12797,

Letzte Änderung: 11.12.2017 - Ansprechpartner: Webmaster