Hohes Cholesterin spürt man nicht
„Man kann etwas tun!“
von Jacqueline Heß
Ein gesunder Mensch nimmt Cholesterin etwa zu einem Drittel mit der Nahrung auf. Wichtig zu wissen: Nur tierische Lebensmittel enthalten den Naturstoff. Etwa zwei Drittel des Gesamtcholesterins bildet der Körper selbst und zwar vor allem in der Leber, in geringerem Maße auch im Darm. Der Mensch benötigt Cholesterin unter anderem, um Hormone, Vitamin D und Gallensäuren zu bilden. Ein zu hoher Wert davon birgt jedoch Gefahren, zum Beispiel für Gefäßverkalkungen die zu schweren Herz- und Kreislauferkrankungen führen können z.B. Herzinfarkt.
Prof. Dr. Berend Isermann vom Institut für Klinische Chemie und Pathobiochemie des Uniklinikums Magdeburg erklärt: „Ein zu hoher Cholesterinwert kann auf eine familiäre Hypercholesterinämie, kurz FH genannt, zurückzuführen sein. Dies ist eine erblich bedingte Erhöhung der Cholesterinwerte und kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Es gibt zwei verschiedene Formen der Erkrankung: die polygene und die monogene. Sehr typische Symptome, die bei den Patienten jedoch nur selten vorkommen, sind leicht erhabene, orange-gelbe Fettablagerungen. Diese sogenannten Xanthome liegen oberflächlich in der Haut von Armen, Beinen, Gesäß und Händen.“
Bei der monogenen Form ist ausschlaggebend, ob der Betroffene die Stoffwechselstörung von einem oder von beiden Elternteilen geerbt hat. Es kann bereits im Kindes- und Jugendalter zu Veränderungen an den Gefäßen und Folgeerkrankungen wie einem Herzinfarkt kommen, wenn der Betroffene die FH von beiden Elternteilen vererbt bekommen hat. Die polygene Form ist die häufigste Variante und neben den genetischen Faktoren spielen hierbei der Lebensstil und die Ernährung eine wichtige Rolle. Mangelnde Bewegung und ungesunde Ernährung fördern in diesen Fällen also die Entstehung von Risikofaktoren wie Übergewicht, Fettstoffwechselstörungen, zu hoher Blutzuckerspiegel und Blutdruckerhöhungen.
Die familiäre Hypercholesterinämie hat eine herausragende Bedeutung für die kardiovaskuläre Prävention. Prof. Isermann über die Diagnostik und Therapie: „In der Lipidambulanz des Uniklinikums Magdeburg führen wir eine umfassende Bestimmung der bekannten Risikofaktoren für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung durch. Neben ausführlicher Eigen- und Familienanamnese erfolgen Herzkreislaufuntersuchungen, eine Ultraschalluntersuchung der Halsgefäße sowie eine umfangreiche Fettstoffwechseldiagnostik. Wenn wir ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko diagnostizieren, geben wir zunächst eine individuelle Beratung bezüglich des Lebensstils. Wir raten dem Patienten, mehr Bewegung in den Alltag einzubauen und auf Nikotinkonsum zu verzichten. Auch die Ernährungsgewohnheiten sollten im Zuge dessen verändert werden. Ob dies im individuellen Fall ausreicht, müssen Betroffener und der behandelnde Arzt im Lauf der Zeit bewerten. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen dienen dazu, den Erfolg der Therapie zu überwachen. Bei ausgeprägteren Formen mit hohen Cholesterinwerten ist in der Regel eine medikamentöse Therapie notwendig.“ Pro Woche werden in der Lipidambulanz des Uniklinikums Magdeburg etwa 35 Patienten behandelt, davon haben etwa drei bis vier Patienten eine familiäre Hypercholesterinämie.
Warum wird die FH häufig erst so spät erkannt? Dr. Katrin Borucki vom Institut für Klinische Chemie und Pathobiochemie des Uniklinikums Magdeburg betont: „Das Problem ist: Ein hohes Cholesterin spürt man nicht. Oft sind es Menschen, die schlank und sportlich sind und keinerlei Symptome haben.“ Dabei sind gerade bei der familiäre Hypercholesterinämie, die oftmals keine äußeren Symptome erkennen lässt, die frühe Diagnose und Prävention von ungeheurer Bedeutung. Weiter: „Gehören Sie zu den Betroffenen, ist es ratsam, Ihre Kinder auf erhöhte Cholesterinwerte hin untersuchen zu lassen. So können Sie den Risiken der familiären Hypercholesterinämie wie Arteriosklerose und deren möglichen Folgen durch eine frühzeitige Therapie Ihrer Kinder entgegenwirken.“
Oft fällt es den Patienten schwer zu akzeptieren, dass sie eine lebenslange Therapie durchführen müssen, um das deutlich erhöhte Risiko für das frühzeitige Auftreten einer Herz-Kreislauferkrankung einzudämmen. „Genetik ist nicht mit Schicksal zu verwechseln: Man kann etwas tun!“, weiß Dr. Borucki.
Sprechstunden
Mittwoch: 8.00 – 10.30 Uhr
Donnerstag: 8.00 - 12.00 Uhr und 13.00 - 15.00 Uhr
Ansprechpartner:
Dr. Katrin Borucki und Prof. Berend Isermann
Tel.: 0391/67-13901
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