Entzündung verstehen – Volkskrankheiten heilen

14.05.2014 -  

Die Medizinische Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg (OVGU) hat einen GESUNDHEITSCAMPUS  IMMUNOLOGIE,  INFEKTIOLOGIE UND INFLAMMATION gegründet. Damit sind die wissenschaftlichen Aktivitäten im Forschungsschwerpunkt „Immunologie und Molekulare Medizin der Entzündung“  unter eine gemeinsame Dachorganisation gestellt und wird die Erforschung von Entzündungskrankheiten als Ursache zahlreicher Volkskrankheiten nachhaltiger für die Öffentlichkeit transparent gemacht. Die verschiedenen Aktivitäten des Gesundheitscampus stehen unter dem Leitmotiv: Entzündung verstehen -Volkskrankheiten heilen.

Gesundheitscampus-LogoAkute und chronische Entzündungen sind die  Auslöser einer Vielzahl von Erkrankungen. Akute Entzündungen treten z.B. im Rahmen einer Erkältung auf, während chronische Entzündungen für die Entstehung von Herzinfarkt, Schlaganfall, Krebs, Autoimmunerkrankungen und Demenz verantwortlich sind. In der Tat sind Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems wie Herzinfarkt oder Schlaganfall für 42% aller Todesfälle in der Bundesrepublik Deutschland verantwortlich, während 35% der Todesfälle durch Krebs verursacht werden. Auch andere weit verbreitete Erkrankungen wie Diabetes, Allergien und Autoimmunerkrankungen, beispielsweise die Schuppenflechte oder rheumatische Erkrankungen, werden durch entzündliche Prozesse unterhalten. Schließlich spielen Entzündungsreaktionen bei Prothesenlockerungen, z.B. nach Knie- oder Hüftgelenksersatz, eine maßgebliche Rolle. Somit sind Entzündungsprozesse an der Entstehung und dem Verlauf der wichtigsten Volkskrankheiten maßgeblich beteiligt. Gerade in Ländern mit einem hohen Anteil an älteren Menschen, wie z.B. Sachsen-Anhalt, belasten diese Volkskrankheiten  das Gesundheitssystem.

Entzündungen zu verstehen, zu verhindern und zu heilen ist  daher eine herausragende Aufgabe für die medizinische Forschung und stellt aufgrund der Komplexität des menschlichen Körpers eine enorme Herausforderung dar. Für Entzündungen gibt es kein festes Schema , im Gegenteil, jeder Entzündungsprozess wird durch unterschiedliche Faktoren im menschlichen Körper nachhaltig beeinflusst und jede Form folgt eigenen Regeln. Die spezifischen Antworten des Körpers, die bei unterschiedlichen Entzündungsreaktionen ablaufen, aufzuklären und zu verstehen, stellt eine der wichtigsten Aufgaben der modernen Medizin dar; liegt hierin doch der Schlüssel für die Behandlung der oben genannten Volkskrankheiten.

An der Medizinischen Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität forschen seit vielen Jahren Mediziner und Biologen an den molekularen Prozessen, die Entzündungsprozesse in verschiedenen Krankheitssituationen steuern. Bereits vor mehr als 20 Jahren wurde der Forschungsschwerpunkt „Immunologie und Molekulare Medizin der Entzündung“ eingerichtet. Seit 2001 wurde der Schwerpunkt systematisch aufgebaut. Heute gehören 25 Professorinnen und Professoren, 2 Theoretische, 5 Klinisch-theoretische und 12 Kliniken der Medizinischen Fakultät dem Schwerpunkt an, der lokal, regional und international hervorragend vernetzt ist. So bestehen lokal enge Kooperationen mit anderen Fakultäten der OVGU, dem Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme Magdeburg und dem Leibniz-Institut für Neurobiologie Magdeburg. Auf regionaler Ebene ist das Helmholtz-Institut für Infektionsforschung Braunschweig der wichtigste Kooperationspartner der Magdeburger Entzündungsforscher.

Um die wissenschaftlichen Aktivitäten im Forschungsschwerpunkt besser zu bündeln und unter eine Dachorganisation zu stellen, hat die Medizinische Fakultät im Mai 2014 entschieden, einen

Gesundheitscampus Immunologie, Infektiologie und Inflammation (kurz GC-I)

zu gründen. In der Sitzung vom 06. Mai 2014 hat der Fakultätsrat der Medizinischen Fakultät die Einrichtung des GCI-I einstimmig beschlossen.

Motivfotos-GesundheitscampusDarüber hinaus wurden die verschiedenen Aktivitäten des Gesundheitscampus unter das Leitmotiv gestellt:

Entzündung verstehen - Volkskrankheiten heilen

Das Leitmotiv verdeutlicht in einfacher Form die Aufgaben des Gesundheitscampus. „Es ist uns ein Anliegen, mit unserer Lehre, Forschung und Krankenversorgung einen wichtigen Beitrag zu den enormen Herausforderungen, die der demographische Wandel insbesondere in Ländern wie Sachsen-Anhalt mit sich bringt, zu leisten“, betont Prof. Dr. Rüdiger Braun-Dullaeus, Direktor der Universitätsklinik für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie und einer der Koordinatoren des Gesundheitscampus. Unter dem Dach des GC-I sind drei Exzellenzbereiche angesiedelt: Ausbildung, Forschung und Krankenversorgung.

Der Exzellenzbereich Ausbildung des GC-I dient der Rekrutierung und der Ausbildung von Nachwuchs-Medizinern und -Wissenschaftlern. Das Lehrangebot des GC-I umfasst Vorlesungen, Seminare und Praktika in den etablierten Studiengängen Humanmedizin und Biosystemtechnik. Um die Ausbildung speziell im Bereich der molekularen Entzündungsforschung zu verbessern, wird die Medizinische Fakultät mit Beginn des Wintersemesters 2015/2016 einen eigenen Masterstudiengang „Immunologie“ anbieten. Koordinierte Graduiertenprogramme wie das von der DFG geförderte Graduiertenkolleg 1167 sowie das kürzlich von der Fresenius-Stiftung eingerichtete Else-Kröner- Forschungskolleg Magdeburg garantieren die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses im Bereich der Naturwissenschaften und der Medizin. Um die klinische Forschung zu stärken, haben die Deutsche Forschungsgemeinschaft, das Helmholtz-Institut für Infektionsforschung in Braunschweig sowie die Medizinische Fakultät insgesamt 3 Rotationsstellen für Ärzte eingerichtet. Diese so genannten Gerok-Positionen ermöglichen es jungen Ärzten, für 6 oder 12 Monate von klinischen Verpflichtungen befreit zu werden, um sich Forschungsaufgaben im Bereich der klinischen Entzündungsforschung zu widmen. Perspektivisch sollen die Ausbildungsaktivitäten des Gesundheitscampus Immunologie, Infektiologie und Inflammation zu einer GC-I Graduiertenschule zusammengefasst werden.

Der Exzellenzbereich Ausbildung des GC-I ist für dessen Exzellenzbereich Forschung von großer Bedeutung, da der ausgebildete Nachwuchs die Forschungsarbeit in unterschiedlichen Projekten leistet. Die Forschung im GC-I wird durch hoch angesehene Forschungsprogramme der DFG, der EU und der Fresenius-Stiftung getragen. In 2009 richtete die Deutsche Forschungsgemeinschaft den Sonderforschungsbereich 854Molekulare Organisation der Zellulären Kommunikation im Immunsystem“ ein, der für die kommenden 4 Jahre (2014-2017) Förderung in Höhe von ca. 10 Millionen Euro erfahren wird. In 2013 konnte von der Universitätsklinik für Orthopädie das EU-weite Konsortium HypOrth eingeworben werden, in dem europaweit unter der Leitung Magdeburger Wissenschaftler an der Frage gearbeitet wird, wie die meist entzündlich bedingte Lockerung von Gelenkprothesen besser diagnostiziert und behandelt werden kann. Ein besonderes Augenmerk wird bei der Forschung in HypOrth auf die Frage gelegt, wie gefährdete Patientinnen und Patienten frühzeitig an Hand von so genannten Biomarkern erkannt und gezielt therapiert werden können. Des Weiteren soll in dem Konsortium an neuen und besser verträglichen Materialien für Gelenkprothesen geforscht werden. In dem Else Kröner-Forschungskolleg Magdeburg, das die Klinik für Hämatologie und Onkologie im Januar 2014 einwarb, werden akute und chronische entzündliche Prozesse mit Übergang in bösartige Tumorerkrankungen untersucht.

Insgesamt werden von den am Gesundheitscampus Immunologie, Infektiologie und Inflammation beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern jährlich ca. 7 Millionen € an Drittmitteln eingeworben. Mit diesen Mitteln wird eine Vielzahl gut dotierter Arbeitsplätze für das Land Sachsen-Anhalt geschaffen. So beschäftigt allein der immunologische Sonderforschungsbereich ca. 35 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Im Exzellenzbereich Krankenversorgung sind 12 Kliniken der Medizinischen Fakultät organisiert, die sich mit der Diagnose und Therapie von akuten wie chronischen Erkrankungen autoimmuner, infektiologischer und entzündlicher Genese beschäftigen. Hierzu zählen entzündlich bedingte Erkrankungen des Gefäßsystems (Gefäßverkalkung, Bluthochdruck), der Nieren (Nierenversagen), hormonproduzierender Organe (Diabetes mellitus) und des Darms (Reizdarm, entzündliche Darmerkrankungen) ebenso wie Entzündungen und Fehlsteuerungen, die im Rahmen von Blut- und Krebskrankheiten auftreten.

Allergien zählen zu den häufigsten immunologisch bedingten Erkrankungen. Um die komplexen allergischen Erkrankungen adäquat diagnostizieren, therapieren und beforschen zu können, wurde in 2013 das interdisziplinäre Allergologie-Zentrum Sachsen Anhalt mit Sitz in Magdeburg gegründet, welches ebenfalls unter dem Dach des GC-I angesiedelt ist.

Zum Exzellenzbereich Krankenversorgung des GC-I zählt auch das Interdisziplinäre Krebszentrum, in dem 25 Institute und Kliniken des Universitätsklinikums fachübergreifend zusammen arbeiten. Ziel ist es, allen Patienten mit einer Tumorerkrankung eine exzellente klinische Versorgung zu gewährleisten.

Zusammenfassend soll der Gesundheitscampus Immunologie, Infektiologie und Inflammation zu einer schnelleren, genaueren und sicheren Diagnosestellung sowie Therapie bei unseren Volkskrankheiten beitragen. Der Leitspruch „Entzündung verstehen - Volkskrankheiten heilen“ ist ein hoher Anspruch, den die forschenden Mediziner des Entzündungsschwerpunktes der Medizinischen Fakultät gemeinsam angehen wollen.

Erklärung zum LOGO: farbliche und bildliche Umsetzung einer einsetzenden Entzündungsreaktion, die nach Tagen wieder abklingt.

Foto: Entzündungen sind die Auslöser einer Vielzahl von Erkrankungen. Dazu gehören Fettleibigkeit, Lungenkrankheiten, Herzinfarkt, Nierenfunktionsstörung/Blutwäsche, Bluterkrankungen, Bluthochdruck, Darmentzündungen, Allergien, Stromatumoren im Magen-Darm-Trakt und Nierentransplantation (v.l.).

Kontakt: 

Prof. Dr. med. Rüdiger Christian Braun-Dullaeus, Universitätsklinik für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie, Tel.: 0391-67-13203,

Letzte Änderung: 24.05.2019 - Ansprechpartner: Webmaster