Gefahr für die Gefäße
Hoher Blutdruck richtet unbehandelt Schaden an
von Carolin Hörnig
Eine Tablette einnehmen und schon ist das Problem mit dem Bluthochdruck gelöst? „Das ist falsch“, sagt Prof. Dr. Peter R. Mertens. Er leitet die Universitätsklinik für Nieren- und Hochdruckkrankheiten, Diabetologie und Endokrinologie Magdeburg. „Viele denken, dass nur das Herz den hohen Blutdruck macht. Das stimmt aber nicht. So produziert beispielsweise die Niere Hormone, die den Gefäßtonus und somit die Engigkeit der Gefäße beeinflusst.“ Es ist somit für jeden individuell wichtig herauszufinden, woher der hohe Druck in den Gefäßen wirklich kommt. Laut Robert-Koch-Institut sind rund 30 Millionen Menschen in Deutschland von der Erkrankung betroffen. Fünfzig Prozent der Herzinfarkte und Schlaganfälle wären vermeidbar, wenn der hohe Blutdruck, in der Fachsprache als Hypertonie bezeichnet, frühzeitig behandelt werden würde. Das Tückische ist allerdings, dass dieser häufig über viele Jahre unerkannt bleibt und meist nur wenige erkennbare Symptome aufweist. Die „Deutsche Hochdruckliga“ betont, dass oft der Irrglaube bestehe, Bluthochdruck sei eine „Alterserkrankung“. Zunehmend seien auch Jüngere davon betroffen. Ab einem Wert von 140/90 mm Hg (Maßangabe für den Blutdruck) und höher ist die Rede von einer Hypertonie, für die es vielfältige Ursachen gibt: Neben der genetischen Veranlagung tragen eine ungesunde Ernährung, fehlende Bewegung, Stress oder hormonelle Einflüsse dazu bei. Wenn zusätzliche Faktoren wie Diabetes, Übergewicht, Fettstoffwechselstörungen, Bewegungsmangel oder ein hoher Salzkonsum hinzukommen, liegt das Risiko für schwere Organschäden der Nieren, des Herzens und der Hirngefäße weit höher.
„Kommt ein Patient mit hohem Blutdruck in die Klinik, so ist eine lange Befragung notwendig“, sagt Prof. Mertens. Er fügt hinzu: „Wir stellen häufig die Frage, ob der Patient Lakritze gerne mag. Viele sind dann verwundert.“ Doch die Süßigkeit kann bei zu hohem Verzehr zu Bluthochdruck führen und weitere Aufschlüsse über die Organfunktionen des Körpers liefern. Außerdem ist eine umfangreiche Labordiagnostik notwendig: „Wenn der Salzhaushalt verändert ist, verrät uns dies etwas über den Hormonhaushalt des Körpers. Hier denken viele sofort an Natrium und Kalium. Doch interessant ist auch das Magnesium. Dieses macht die Gefäße weich und elastisch.“ Wird der Körper ausreichend damit versorgt, wirke sich das positiv auf den Blutdruck aus. Außerdem bestimmt der Experte auch den Vitamin D-Spiegel. Sein Tipp: „Vier Stunden richtig schön Sonne auf dem Balkon, im Park oder im Garten und sie haben den Blutdruck für die gesamte Woche um 10 mm Hg gesenkt, das ist phänomenal.“ Daneben rät er: „Oder wöchentlich in Kapselform 20.000 ‚Internationale Einheiten‘ des Vitamins zuführen. Dann bekommt der Körper ausreichend davon“. Dr. Christos Chatzikyrkou, Oberarzt an der Universitätsklinik für Nieren- und Hochdruckkrankheiten, betont zudem die Wichtigkeit einer 24-Stunden-Blutdruckmessung: „Der Blutdruck ist tagsüber immer höher als nachts, das ist eine normale Reaktion des Körpers. Es gibt allerdings Patienten, die einen schweren Gefäßschaden haben und nachts ihren Blutdruck nicht senken können. Im schlimmsten Fall sieht man, dass nachts der Blutdruck ansteigt.“ Durch die Langzeit-Blutdruckmessung kann der Arzt über den ganzen Tag und in der Nacht sehen, was mit dem Blutdruck passiert. Die modernen Geräte liefern außerdem zuverlässige Ergebnisse. Sie werden über eine Blutdruckmanschette am Oberarm befestigt. Um eine gute Übersicht zu erhalten, erfolgt tagsüber alle 15 und nachts alle 30 Minuten eine Messung. Neben der medikamentösen Therapie hilft laut Prof. Mertens meist schon eine Gewichtsreduktion und regelmäßiges Training um den Blutdruck zu senken. Weniger Alkohol und eine salzarme Ernährung wirken sich ebenfalls positiv aus. Doch der Experte warnt: „Im Alter sollte der Blutdruck nicht zu stark gesenkt werden, das ist schädlich. Hier muss individuell geschaut werden, da sich beispielsweise die Gefahr von Stürzen erhöhen kann.“