Herzklappenerkrankungen
Zunehmende Atemnot unter körperlicher Belastung – viele Betroffene halten dies für eine normale Alterserscheinung. Dabei kann dieses Symptom ein Warnsignal für eine Erkrankung der Herzklappen sein. Diese bleibt oft über Jahre unerkannt, bis schließlich unwiderrufliche Schäden am Herzmuskel vorhanden sind.
von Jacqueline Heß
Das Herz ist ungefähr so groß wie unsere Faust und wiegt beim Erwachsenen etwa 300 Gramm. Es besteht aus je zwei Herzkammern und Herzvorhöfen. Die beiden Kammern des Herzens werden über je ein Einlassventil mit Blut gefüllt und über je ein Auslassventil entleert – den insgesamt vier Herzklappen. Zu den Aufgaben der Herzklappen gehört es, den Rückfluss des Blutes in Kammer und Vorhof zu verhindern, die Fließrichtung des Blutes zu bestimmen und einen gleichmäßigen Blutfluss zu gewährleisten.
„Mit zunehmendem Alter leiden immer mehr Menschen an einer Störung der Herzklappenfunktion: Durch Einengungen, Verkalkungen oder Undichtigkeiten wird der Blutstrom behindert. Bei undichten Klappen fließt nach jedem Herzschlag das Blut teilweise durch die Herzklappe zurück, bei verengten Klappen staut es sich vor der Klappe und das Herz muss mehr pumpen. Diese zusätzliche Belastung versucht das Herz zunächst durch Kompensationsmaßnahmen zu bewältigen, zum Beispiel durch verstärkten Muskelaufbau. Langfristig kommt es jedoch zu einer Herzinsuffizienz (Herzschwäche) bis hin zum Herzversagen“, so Prof. Rüdiger Braun-Dullaeus, Direktor der Universitätsklinik für Kardiologie und Angiologie Magdeburg.
Es gibt verschiedene Formen der Herzklappenerkrankung: die Klappenverengung (Stenose), die Klappenundichtigkeit (Insuffizienz) und der kombinierte Klappenfehler (Undichtigkeit und Verengung). Sehr selten ist der Grund ein angeborener Herzklappenfehler. Andere Ursachen sind akutes, rheumatisches Fieber, eine bakterielle Herzklappenentzündung oder Klappenundichtigkeiten infolge eines Herzinfarkts. Im Vordergrund stehen heute bei der hohen Lebenserwartung Klappenfehler, die auf ´Verschleiß´ zurückzuführen sind. Die Klappen nutzen sich im Laufe eines langen Lebens ab. Dadurch können sie sich verengen oder schlussunfähig werden. „Je früher die Herzklappenerkrankung erkannt wird, desto effektiver können Therapiemethoden eingesetzt werden. Wünschenswert ist deshalb, dass Betroffene die Warnsignale als solche erkennen“, so der Klinikdirektor.
Wie entdeckt man einen Herzklappenfehler? Der Kardiologe erklärt: „Der Herzfehler wird oft erst entdeckt, wenn der Patient wegen Beschwerden wie Einschränkung der Leistungsfähigkeit, Atemnot, Brustschmerz, schnellem Herzschlag bei Belastung, kurzen Bewusstlosigkeiten oder Wassereinlagerungen einen Arzt aufsucht. Deshalb sollte man hellhörig werden, wenn bereits beim Spazierengehen oder anderen leichten Belastungen ein verstärktes Atmen oder sogar Luftnot auftritt.“
Prof. Braun-Dullaeus: „Zur Diagnose wird zunächst der Patient befragt und es folgt eine körperliche Untersuchung. Anschließend folgt eine Ultraschalluntersuchung (Echokardiographie) und die Herzkatheruntersuchung.“ Je nach Art und Ausprägung des Klappenfehlers stehen verschiedene Behandlungsoptionen zur Verfügung. „Generell bessern Medikamente zwar bei Herzklappenerkrankungen die Beschwerden, können aber den Klappenfehler nicht beseitigen. Das gelingt nur durch operative Eingriffe wie der Wiederherstellung der erkrankten Klappe (Mitralklappen-Rekonstruktion), dem Klappen-Ersatz und neuen Katheterverfahren zur Reparatur bzw. zum Ersatz einer Herzklappe“, so Prof. Dr. Jens Wippermann, Direktor der Universitätsklinik für Herz-und Thoraxchirurgie Magdeburg. Beim Katheterverfahren wird beispielsweise für den Aortenklappenersatz ein Katheter über die große Leistenschlagader Richtung Herz geführt. Dabei wird die alte Klappe nicht ersetzt, sondern mit einem kleinen Ballon zur Seite gedrückt. Gleichzeitig öffnet er vor Ort eine neue Klappe. Bei der Mitralklappeninsuffizienz gibt es aktuell zwei etablierte Verfahren: Der MitraClip und das Cardioband machen die Klappe wieder enger und damit dichter.
Nach der OP sind regelmäßige Kontrollen nötig. Patienten mit einer mechanischen Herzklappe müssen dauerhaft Medikamente zur Gerinnungshemmung einnehmen. Ebenso benötigen sie bei fieberhaften bakteriellen Infekten oder bei bestimmten Eingriffen eine Endokarditis-Prophylaxe, um eine Entzündung der Klappe zu vermeiden. Die Universitätsklinik für Kardiologie und Angiologie arbeitet interdisziplinär mit der Universitätsklinik für Herz- und Thoraxchirurgie im Herzteam zusammen, um dort zum Wohle des Patienten die bestmögliche Behandlung anzubieten.
Fotos: Universitätsklinikum Magdeburg
Foto: OP-Team im Herzkatheterlabor
Porträts:
Prof. Rüdiger Braun-Dullaeus, Direktor der Universitätsklinik für Kardiologie und Angiologie Magdeburg
Prof. Dr. Jens Wippermann, Direktor der Universitätsklinik für Herz-und Thoraxchirurgie Magdeburg