Medizinischer Sonntag: „Neue Therapieverfahren bei gynäkologischen Krebserkrankungen“

Nach langer Corona-Pause fand die Veranstaltungsreihe „Medizinischer Sonntag“ wieder im Hörsaal 1 der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg statt. Thema waren die gynäkologische Krebserkrankungen und deren Therapiemöglichkeiten an der Universitätsfrauenklinik Magdeburg. Klinikleiter, Prof. Dr. med. Atanas Ignatov, und seine Stellvertreterin, PD Dr. med. Svetlana Tchaikovski, informierten über aktuelle Therapieoptionen und stellten sich den Fragen des interessierten Publikums.

Speziell die Krankheitsbilder Eierstockkrebs, Gebärmutterhalskrebs und Gebärmutterkrebs wurden in dieser Ausgabe des Medizinischen Sonntags thematisiert. Genauer informierten die Dozenten darüber, dass gynäkologische Krebserkrankungen, mit Ausnahme von Gebärmutterhalskrebs, eher im fortgeschrittenen Alter auftreten und gingen im speziellen auf den genetischen Faktor beim Ausbruch der Krankheiten ein. Im Folgenden werden die wichtigsten Erkenntnisse des Vortrags zusammengefasst.

Das Durchschnittsalter bei Eierstockkrebs beträgt 68 Jahre, das Lebenszeitrisiko beträgt 1,5%. Der Eierstock besteht aus verschiedenen Zellarten (Eizellen, hormonproudzierende Zellen und Bauchfell), die alle von Krebstumoren befallen werden können. Am häufigsten entstehen Krebszellen jedoch auf der Oberfläche des Eierstocks. 

Es gibt verschiedene Faktoren, die das Risiko einer solchen Krebserkrankung senken, dazu gehören:

  • Schwangerschaften
  • Stillen
  • Pilleneinnahme über 5 Jahre
  • Einnahme von Entzündungshemmern
  • Sterilisation
  • Entfernung der Gebärmutter/Eierstöcke

Risikofördernde Faktoren hingegen sind:

  • Kinderlosigkeit
  • Endometriose
  • Übergewicht
  • Rauchen
  • Asbest-Exposition
  • familiäre Belastung

Die Rolle von BRCA-Mutationen bei der Entstehung von Eierstockkrebs

Ein großer Faktor bei der Entstehung von Eierstockkrebs ist die sogenannte BRCA-Mutation. Man unterscheidet hierbei zwischen BRCA1- und BRCA2-Mutationen. Diese Gen-Mutation liegt bei rund 20-30% aller Patientinnen mit Eierstockkrebs vor. Zum Vergleich: Bei Brustkrebs sind unter 5% der Patientinnen von einer solchen Mutation betroffen.

Wie führt die BRCA-Mutation zu Krebs?

Verschiedene äußere Einflüsse führen mehrfach täglich zur Schädigung von Zell-DNA. Entweder entstehen Einzelstrangbrüche oder – eher selten – sogar Doppelstrangbrüche. BRCA-Proteine sind in die Reparatur von Doppelstrangbrüchen involviert, das bedeutet, dass bei Personen, die diese Mutation in sich tragen, die doppelten Brüche nicht korrekt repariert werden können – so entsteht Krebs. Diese Fehlkorrektur muss nicht zwingend im Eierstock passieren und kann auch andere Organe betreffen.

Was kann man tun, wenn man eine BRCA-Mutation in sich trägt?

Durch Gen-Tests kann herausgefunden werden, ob eine Patientin eine BRCA-Mutation in sich trägt. Ist dies der Fall, rät Frau Dr. Tchaikovski zu einer intensivierten Vorsorge bereits ab dem 20. Lebensjahr, der Pilleneinnahme oder operativen Maßnahmen, wie die Entfernung der Eileiter, der Eierstöcke oder der Brust. Eine Operation kann im Falle einer BRCA-Mutation das Risiko an Eierstockkrebs zu erkranken um 90% senken und das an Brustkrebs um 50%.

Neue Therapieoptionen bei Eierstockkrebs

Dank der Erkenntnisse über BRCA-Genmutationen konnten neue Therapieoptionen für Krebserkrankungen entwickelt werden. So gibt es inzwischen Medikamente, die die Reparatur von einzelnen Brüchen stoppen können, dies führt dazu, dass die DNA nicht (falsch) repariert wird und die Krebszellen nicht weiter wachsen können.

Auch eine Immuntherapie mit Antikörpern verspricht gute Erfolge. Dabei werden den Patientinnen Wachstumshemmer verabreicht, sodass die Gefäße, die den Tumor mit Blut versorgen nicht wachsen und den Tumor somit nicht weiter versorgen können. Früher kam die Diagnose Eierstockkrebs fast einem Todesurteil gleich, doch heute gibt es dank fortschrittlicher Forschung mehrere Therapieoptionen. Besonders hebt Frau Dr. Tchaikovski die Rolle der Vorsorge hervor.

Ähnliche Inzidenzen wie beim Eierstockkrebs gibt es auch bei Gebärmutterhalskrebs, hier beträgt das Lebenszeitrisiko 1-2%. Das Durchschnittalter bei dieser Krebserkrankung liegt bei 52 Jahren.

Zu den Risikofaktoren gehören:

  • früher Beginn sexueller Aktivität/mehrere Partner
  • frühe/multiple Schwangerschaften
  • Rauchen
  • Familiäre Belastung
  • Immunschwäche
  • Zurückliegende Chlamydien-Infektion
  • HPV-Infektion

Bei einer HPV-Infektion kann es Jahrzehnte dauern, bis daraus Gebärmutterhalskrebs entsteht, deswegen ist eine regelmäßige Vorsorge besonders wichtig. Frühstufen können hier gut erkannt und entfernt werden. Vorbeugend wird zudem eine HPV-Impfung für Mädchen und Jungen zwischen 9 und 14 Jahren empfohlen.

In der „Dysplasiesprechstunde“ der Universitätsfrauenklinik Magdeburg besteht die Möglichkeit, Auffälligkeiten beim Abstrich vom Gebärmutterhals oder von HPV-Abstrichen abklären zu lassen und ggf. eine sekundäre HPV-Impfung bei Erwachsenen vorzunehmen.

Therapieoptionen bei Gebärmutterhalskrebs

Zunächst wird durch eine operative Entnahme der Lymphknoten untersucht, ob diese bereits befallen sind. Wenn die Lymphknoten befallen sind, wird zunächst mit einer kombinierten Radio-Chemotherapie behandelt. Bei der Strahlentherapie ist es mittlerweile durch präzise Geräte möglich, sehr gezielt vorzugehen. Hat man früher noch den gesamten Beckenraum bestrahlt, so kann man nun punktgenau arbeiten und nur den Gebärmutterhals bestrahlen, was die Nebenwirkungen minimiert.

Sind die Lymphknoten nicht befallen, wird operiert und das befallene Gewebe des Gebärmutterhalses entfernt. Interessant hierbei ist, dass die Operations-Teams nicht (mehr) minimalinvasiv vorgehen, sondern zur Durchführung einer Voll-OP zurückgekehrt sind, bei der der gesamte Bauchraum geöffnet wird. Vorangegangene Studien haben ergeben, dass die Überlebenschance von Patientinnen nach einer Voll-OP innerhalb von 5 Jahren bei fast 100% lag, bei minimalinvasiven Eingriffen ist sie geringer. Dies ist allerdings nur bei Gebärmutterhalskrebs der Fall. Woran das liegt, ist zur derzeitigen Studienlage noch unklar.

Gebärmutterkrebs gehört zu den häufigsten Krebserkrankungen bei Frauen. Das Durchschnittsalter der Erkrankten liegt bei 65-70 Jahren.

Gebärmutterkrebs wird durch einen erhöhten Östrogenspiegel ausgelöst. Demzufolge gehören zu den Risikofaktoren:

  • Adipositas
  • Hormonersatztherapie in der Menopause
  • Diabetes mellitus
  • Kinderlosigkeit
  • Das Brustkrebsmedikament Tamoxifen (war früher Standard bei premenopausalem Brustkrebs)
  • genetische Faktoren

Protektive Faktoren:

  • Bewegung
  • Antibabypille
  • Rauchen (wird trotzdem nicht empfohlen!)
  • Schwangerschaften
  • Stillen

Diagnostische Verfahren bei Gebärmutterkrebs

Die Diagnose erfolgt durch eine Ultraschall-Untersuchung und einer Gebärmutterspiegelung mit Gewebe-Entnahme. An der UMMD wird dabei die neuste Technik verwendet, bei der eine sehr kleine Kamera mit nur 5mm Durchmesser eingeführt wird, die 3-D-Aufnahmen liefert. Damit ist dieser Eingriff auch ambulant möglich.

Therapieverfahren bei Gebärmutterkrebs

Zunächst muss die Patientin operiert werden, um das Stadium der Krebserkrankung bestimmen zu können. Im Fall von Gebärmutterkrebs wird minimalinvasiv operiert. Dabei werden Wächterlymphknoten entnommen. War es früher noch nicht möglich diese genau zu verorten und zufällig Fettgewebe entnommen, in der Hoffnung, dass sich dort Lymphknoten befinden, können die Wächterlymphknoten heute eingefärbt werden und mit Hilfe eines Kamerafilters genau verortet und entfernt werden. Kommt in der anschließenden Laboruntersuchung heraus, dass die Wächterlymphknoten von Krebszellen befallen sind, ist es sehr wahrscheinlich, dass alle Lymphknoten mit Metastasen befallen sind. Ca. 20% der Patientinnen sind von Metastasen der Lymphknoten betroffen. Ist dies der Fall, wird mit einer Kombination aus Chemotherapie und Strahlentherapie weiterbehandelt.

Früher wurden an Gebärmutterkrebs erkrankte Frauen immer mit Chemo- und Strahlentherapie behandelt, heute wird individuell geschaut, ob dies überhaupt nötig ist. Neue Technik, die an der Universitätsfrauenklinik Magdeburg ihre Anwendung findet, tut ihr Weiteres, dass die Therapie bei Gebärmutterkrebs zunehmend schonender und präziser wird.

 

 

Letzte Änderung: 07.02.2024 - Ansprechpartner: Webmaster