Fatima Abdelfattah

Fatima Abdelfattah arbeitet in der AG Bioinformatik in der Weltraummedizin der Abteilung Mikrogravitation und Translationale Regenerative Medizin (MTRM). Ein sehr spannender Job mit einem wichtigen Forschungsschwerpunkt. Was Sie genau macht und wie sie in diese Position gekommen ist, verrät sie uns im Interview.

Woran genau forschen Sie gemeinsam mit Ihren Kolleg:innen?

Unsere Abteilung beschäftigt sich mit der Anwendung von simulierter und realer Mikrogravitation in der Medizin, insbesondere in der Tumorbiologie. Wir wissen, dass Krebs weltweit eine große Belastung für die Menschheit darstellt, mit hoher Morbidität und Mortalität. Deshalb ist bahnbrechende Forschung notwendig. Die Forschung im Weltraum unter den Bedingungen der Mikrogravitation, also der annähernden Schwerelosigkeit, ist ein neuartiger Ansatz, der das Potenzial hat, Krebs zu bekämpfen und zukünftige Krebstherapien zu entwickeln.

Ich selbst arbeite an einem Projekt mit dem Namen AMCRIS (Artificial intelligence meets cancer research in space). Ziel des Projekts ist es, den Einfluss von simulierter und realer Mikrogravitation auf menschliche Krebszellen zu bestimmen, wobei der Schwerpunkt auf den Mechanismen des dreidimensionalen Wachstums liegt. In unserem Labor können wir die Mikrogravitation auf der Erde simulieren. Die Geräte, die wir benutzen, sind in der Lage, den freien Fall oder die Mikrogravitation für kleine biologische Objekte effektiv zu imitieren und so Erkenntnisse und Vorhersagen darüber zu liefern, wie Krebszellen auf veränderte Schwerkraftbedingungen reagieren.

Mikrogravitation hat tiefgreifende Auswirkungen auf Prozesse wie Apoptose, eine Form des programmierten Zelltods, und strukturelle Veränderungen des Zytoskeletts und der extrazellulären Matrix, die das Zellwachstum beeinflussen. Zahlreiche Kombinationen von Genom-, Transkriptions-, Proteom-, Metabolom- und Epigenomdatensätzen werden als neue Perspektive für die Krebsforschung in Mikrogravitation integriert. Alle diese Multi-Omics-Datensätze werden schließlich durch künstliche Intelligenz (KI) verarbeitet und analysiert, und wir könnten in der Lage sein, neue Ziele für die Krebsbehandlung zu entdecken.

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Foto: Fatima Abdelfattah arbeitet in der AG Bioinformatik in der Weltraummedizin der Abteilung Mikrogravitation und Translationale Regenerative Medizin (MTRM). 
Fotografin: Hanna Theile/OVGU

Wie sind Sie zu diesem Fachgebiet gekommen? Und was war ausschlaggebend dafür, dass Sie sich für diesen Beruf entschieden haben?

Nach meiner Doktorarbeit am Institut für Humangenetik der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, im Juni letzten Jahres, suchte ich auf der Internetseite des Universitätsklinikums Magdeburg nach einer Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Dort entdeckte ich die Stellenausschreibung für meine jetzige Stelle. Sie suchten jemanden, mit Schwerpunkt Genetik. Daraufhin habe ich mich beworben und wurde kurz darauf zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Professor Grimm, die Leiterin der Abteilung Mikrogravitation und Translationale Regenerative Medizin, und Dr. Schulz, Leiter der Arbeitsgruppe Bioinformatik in der Raumfahrtmedizin, erzählten mir von ihrem Projekt. Das war interessant, aufregend und ein bisschen neu für mich und als Wissenschaftlerin zieht mich alles Neue, Aufregende und Interessante an – also entschied ich mich, dem Team beizutreten.

Welche Qualifikationen sollte man für Ihren Beruf mitbringen?

Wissenschaftler müssen in der Lage sein, Experimente und Untersuchungen durchzuführen, Informationen zu sammeln und diese zu analysieren, um zu Schlussfolgerungen zu gelangen. Kritisches Denken, Geduld, zwischenmenschliche Fähigkeiten und Aufmerksamkeit für Details sind ebenfalls wichtig.

Was haben Sie vorher gemacht?

Ich habe einen akademischen Hintergrund in Biologie, mit einem Master-Abschluss in Molekularbiologie/Zoologie von der Universität Aleppo in Syrien. Nach meinem Abschluss kam ich nach Deutschland, um zu promovieren. Ich kam als Doktorandin an das Institut für Humangenetik, wo ich die genetischen Grundlagen menschlicher Krankheiten und Störungen untersuchte. Meine Forschung konzentrierte sich auf die Identifizierung genetischer Varianten, die mit einer seltenen Gruppe von neurologischen und multisystemischen Störungen, den so genannten Serinbiosynthesestörungen, in Verbindung stehen. In meiner Doktorarbeit untersuchte ich die monogenen Ursachen schwerer fetaler Anomalien, die zu pränataler oder perinataler Letalität führen. Dabei konzentrierte ich mich auf funktionelle Studien mehrerer bekannter PHGDH-Mutationen bei tödlichen und nicht-tödlichen Formen von Serinbiosynthesestörungen, um die Hypothese zu testen, dass der Unterschied im Phänotyp zwischen den tödlichen und nicht-tödlichen Formen von PHGDH-Mangelerkrankungen auf die unterschiedliche Restaktivität des Enzyms zurückzuführen sein könnte.

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?

Meine tägliche Arbeit als Wissenschaftlerin besteht darin, neue Erkenntnisse zu gewinnen, Hypothesen zu testen, Daten zu analysieren, Experimente durchzuführen und Ergebnisse zu kommunizieren. Ich arbeite in einem Zellkulturlabor und befolge strenge Protokolle, um die Qualität und Sicherheit der Zellen zu gewährleisten, wie z. B. die Überwachung des Zellwachstums, die Anwendung steriler und lebensfähiger Techniken, die Durchführung von Subkulturen und die Kryokonservierung. Außerdem helfe ich bei der Durchführung von Experimenten mit den Zellen, z. B. DNA- und RNA-Isolierung, Immunfärbung und Mikroskopie. Um die Auswirkungen der Mikrogravitation auf das Wachstum und die Entwicklung von Krebszellen zu untersuchen, führe ich ein Experiment mit RPM durch, um die Mikrogravitation zu simulieren. RPM steht für Random Positioning Machine, eine Maschine, die Proben in verschiedenen Geschwindigkeiten und Winkeln dreidimensional rotieren lässt. Dadurch wird eine Umgebung geschaffen, die sich mit der Zeit der Schwerelosigkeit annähert.

Zu meiner täglichen Arbeit gehören außerdem Literaturrecherche, das Verfassen von Berichten, Papieren, Anträgen und Präsentationen, um Ergebnisse zu kommunizieren, die Zusammenarbeit mit Studierenden oder anderen Mitarbeitern in meinem Team, die Teilnahme an Konferenzen, Workshops, Seminaren oder Kursen, um neue Fähigkeiten zu erwerben, Ideen auszutauschen und Kontakte mit Gleichgesinnten zu knüpfen.

Haben Sie selbst schon einmal eine Parabelflugkampagne begleitet?

Leider hatte ich noch nicht die Gelegenheit, an einer Parabelflugkampagne teilzunehmen, aber vielleicht im nächsten Jahr. Eine Parabelflugkampagne ist eine besondere Art von Flug, bei der ein Flugzeug mehrmals in eine steile Steig- und Sinkflugphase eintritt, um für kurze Zeit Schwerelosigkeit zu erzeugen. Das Gefühl, das man während einer Parabelflugkampagne hat, ist schwer zu beschreiben, wie ich von meinem Kollegen gehört habe, manche empfinden es als angenehm und aufregend, andere als unangenehm oder beängstigend.

Welche Ziele haben Sie sich für Ihre Arbeit gesetzt?

Ich spreche nicht gerne über langfristige Ziele, aber ich kann Ihnen sagen, was ich in diesem Jahr erreichen möchte: Ich muss den zweiten Artikel meiner Doktorarbeit fertigstellen und einen Referenzartikel über Krebs schreiben.  Im September werde ich einen Projektleiterkurs an der TÜV-Akademie besuchen.  Außerdem muss ich die Vorbereitungen für einen viertägigen Workshop in Hessen zum Thema Krebsforschung unter dem Einfluss der Schwerkraft abschließen.

Was ist Ihnen außerhalb Ihrer Arbeit wichtig?

Neben meiner Arbeit ist meine Familie das Wichtigste für mich. Ich verbringe gerne Zeit mit meinem Mann und meinen Kindern, zum Beispiel beim Kochen, Spielen oder Spazierengehen. Ich finde es wichtig, eine gute Work-Life-Balance zu haben und auf meine Gesundheit und mein Wohlbefinden zu achten. Außerdem lese ich gerne über Philosophie, Soziologie und menschliches Denken.

Letzte Änderung: 26.07.2023 - Ansprechpartner: Webmaster