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pr:prinfos:2016-08-das-direktionsrecht

Im Rahmen einer Klausurtagung des Personalrates im Jahr 2016 wurden Vorträge gehalten, deren Inhalte auch für Sie von Interesse sein können. Die Präsentation zum Vortrag (farbiger) finden Sie hier als PDF Datei. Diesen Vortrag hat René Semrau erarbeitet und gehalten.


Das Direktionsrecht

Definition:

Auf der Grundlage des Arbeitsvertrages ist der Arbeitgeber dazu berechtigt, seinen Arbeitnehmern Anweisungen zu erteilen, bzw. die erwarteten Arbeitsleistungen konkret zu definieren. Das „Direktionsrecht“ oder „Weisungsrecht“ !

Der Arbeitgeber hat das Recht, seinen Arbeitnehmern Anweisungen bezüglich Art, Ort und Zeit der von ihm gewünschten Arbeitsleistung zu erteilen, sowie Vorgaben bezüglich des Verhältnisses der Kollegen untereinander zu machen. Diese sind dann bindend für die Arbeitnehmer und bedürfen nicht ihres Einverständnisses.

Gesetzliche Grundlagen:

Rangfolge der Gesetze

  1. EuGH
  2. GG
  3. Bundesgesetze
  4. Landesgesetze
  5. Tarifverträge
  6. Dienstvereinbarung
  7. Betriebliche Übung
  8. Arbeitsvertrag
  9. Direktionsrecht

1. Gewerbeordnung ⇒ § 106 Weisungsrecht des Arbeitgebers (AG)

  • AG kann Ort, Zeit und Inhalt der Arbeitsleistung bestimmen
  • AG muss Festlegungen durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Dienstvereinbarung (DV), eines Tarifvertrages oder gesetzl. Vorschriften beachten
  • gilt auch für Ordnung und Verhalten der Arbeitnehmer (AN) im Betrieb
  • AG muss auf Behinderungen des AN Rücksicht nehmen

2. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ⇒ § 315 Bestimmung der Leistung durch eine Partei

  • Soll die Leistung von einem Vertragspartner bestimmt werden, wird im Zweifel angenommen, dass nach billigem Ermessen bestimmt wird.
  • Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Vertragspartner.
  • Erfolgt die Bestimmung nach billigem Ermessen, ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Weisungen gemäß Direktionsrecht

Im Rahmen der vertraglich vereinbarten Arbeitsleistung definiert der AG die Tätigkeit seiner AN näher, d.h. insbesondere auf Art und Ort der Tätigkeit, Arbeitszeit und Verhalten der Arbeitnehmer.

Daraus folgt:

  • keine uneingeschränkte Macht des AG
  • keine willkürliche Behandlung der AN
  • Inhalte und Grenzen des Direktionsrechts ergeben sich aus dem Arbeitsvertrag
  • Verankerung der Arbeitsleistungen so detailliert wie möglich im Arbeitsvertrag (Grenzen klar definieren)

Weisungsgrenzen:

  • Zumutbarkeit der zugewiesenen Tätigkeiten (§ 315 Abs. 2 BGB)
  • billigendes Ermessen ⇒ Interessen von AN und AG müssen angemessen berücksichtigt werden
  • schützenswerte Interessen eines AN dürfen nicht hinter den Interessen des AG zurückstehen, d.h. ein AN darf nicht in einen Gewissenskonflikt geraten (Bsp.: Wenn eine überzeugte Vegetarierin von der Käse- in die Fleischabteilung eines Supermarktes versetzt werden würde.)
  • Direktionsrecht verbraucht sich
  • erteilte Anweisungen dürfen nicht als Schikane oder Willkür angesehen werden oder gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen
  • Tarifverträge können Weisungsrecht einschränken
  • Einschränkungen des AG durch DV´s
  • Mitbestimmungsrechte des Personalrats, wie z.B. bei Versetzungen und Abordnungen in andere Bereiche (§ 67 PersVG LSA)
  • gesetzliche Verbote und Gebote: Regelungen, die den Jugend- oder Mutterschutz betreffen, sowie die des Arbeitszeitgesetzes

Weisung: Tätigkeitsart

  • Art der Tätigkeit ist im Arbeitsvertrag festgehalten (das Bestimmungsrecht des Arbeitgebers ist umso weitreichender, je ungenauer die Leistungsbestimmung vertraglich erfolgt ist)
  • Angabe von einem Fachbereich ⇒ AG kann innerhalb dieses Berufsbildes sämtliche Tätigkeiten seinem AN zuweisen Bsp.: Ein Busfahrer ist nur als „Fahrer“ eingestellt, AG hat das Recht, ihn von Städtefahrten auf eine Ferntour zu setzen.
  • konkrete Angaben im Arbeitsvertrag zum Aufgabengebiet des AN ⇒ AG muss sich an diese Angaben halten Bsp.: Im Fall des Fahrers, wenn dessen Stellenbeschreibung „Fahrer für Städtetouren“ lauten würde.
  • Versetzung in einen Bereich, der nichts mit dem eigentlichen im Arbeitsvertrag erwähnten Berufsbild zu tun hat, ist nicht zulässig [ArbG Lüneburg, 11.10.2012, 4 Ca 239/12].
  • Zuweisung von niedriger zu bewertender Tätigkeit als im Arbeitsvertrag angegeben, auch bei gleicher Bezahlung ist nicht gestattet!
  • AG darf seinen AN nicht in eine niedrigere Lohngruppe als vertraglich vereinbart herabstufen sowie Bereitschaftsdienste, Provisionen und Prämien streichen!

Weisung: Tätigkeitsort

  • Arbeitsvertrag regelt den bestimmten Arbeitsort bzw. Betrieb für AN
  • innerhalb dieses Betriebes darf AG seinen AN zu jeder Zeit auf einen anderen Arbeitsplatz versetzen
  • vertraglich kein fester Arbeitsort vorgesehen, AG darf seine AN an jedem beliebigen Arbeitsort einsetzen ⇒ Bsp.: Reinigungskräfte („Versetzungsbefugnis“ des AG wird häufig auch in Tarifverträgen festgehalten)
  • Weisungen bezüglich Arbeitsort unter Berücksichtigung der Belange von AG und AN ⇒ Bsp.: Arbeitseinsatz im Ausland darf generell nicht vorgeschrieben werden
  • Unzulässig ist Versetzung, wenn durch diese der betreffende AN seinen neuen Arbeitsort kaum beziehungsweise nur unter extremen Schwierigkeiten erreichen kann [Hessisches LarbG, 14.06.2007, 11 Sa 296/06].
  • Versetzung ⇒ AG muss Rücksicht auf das Alter, die familiäre Situation sowie Bindungen des AN an seinem aktuellen Arbeitsort nehmen.
  • AG ist in der Verpflichtung, sich nach anderen adäquaten AN umzusehen, denen eine Versetzung eher zuzumuten wäre.

Weisung: Arbeitszeit

  • Regelung Dauer der regelmäßigen Arbeitszeit in einem Arbeits-, Tarifvertrag oder einer DV
  • Weisungen bezüglich Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, Schichten sowie Pausen und Verteilung der vertraglich abgemachten Wochenarbeitszeit auf die verschiedenen Wochentage
  • Anordnung des AG zur Leistung von Überstunden ⇒ Uniklinikum Manteltarifvertrag § 6 Abs. 5

Rechte des Arbeitnehmers:

  • AN hat das Recht, Beschwerde gegen unzulässige Weisungen einzulegen
    • ⇒ beim nächsthöheren Vorgesetzten
    • ⇒ gemäß § 57 PersVG LSA beim Personalrat
  • AN hat keinen gewünschten Erfolg mit Beschwerde
    • ⇒ AN kann von seinem Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch machen und seine Tätigkeit einstellen! (§ 275 Abs. 3 BGB)
    • ⇒ es liegt keine Arbeitspflichtverletzung vor, wenn die Weisung des AG tatsächlich unzulässig war!
    • ⇒ Achtung!! Weisung war zulässig ⇒ AN kann gekündigt werden – sogar fristlos! ⇒ besser ist arbeitsgerichtliche Klärung

Rechte des Arbeitgebers:

  • Voraussetzung ⇒ Weisungen sind zulässig
  • Arbeitnehmer stellt die Tätigkeit ein
    • ⇒ AG kann Abmahnung aussprechen
    • ⇒ AN nimmt Tätigkeit nach erfolgter Abmahnung nicht wieder auf, außer- ordentliche Kündigung ist möglich
      • ⇒ AG hat Recht auf Schadensersatz, bei Arbeitsleistungsausfall
      • ⇒ Kündigung AN, Forderung des zusätzlich entstandenen Schadens gemäß § 628 Abs. 2 BGB (Teilvergütung und Schadensersatz bei fristloser Kündigung)
  • AG kann jederzeit erteilte Weisungen zurücknehmen - Vermeidung eines Rechtsstreites
  • AG unsicher über Zulässigkeit von erteilten Weisungen
    • ⇒ Weisungen festhalten im Arbeitsvertrag und AN anbieten - Änderungsvertrag
    • ⇒ AN ist mit Änderungsvertrag nicht einverstanden, AG kann seine gewünschten Änderungen mit einer Änderungskündigung durchsetzen
pr/prinfos/2016-08-das-direktionsrecht.txt · Zuletzt geändert: 2016/08/18 03:40 (Externe Bearbeitung)